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Tiere und Menschen im Norden verlieren ihren Lebensraum – es ist fünf nach zwölf

Im Bann des Nordens- Abenteuer am Polarkreis heisst das neu erschienene Buch von Bernd Römmelt

Heute im Sonntags-Interview Bernd Römmelt: Der renommierte Fotograf bereist seit über 20 Jahren die Länder der Nordhalbkugel. Mit seinem neusten Buch-Projekt “Im Bann des Nordens -Abenteuer am Polarkreis” hat der Fotograf und Ethnologe nun ein ganz besonderes Porträt des hohen Nordens geschaffen.

Bernd Römmelt: Sie sind seit vielen Jahren als Natur- und Reise-Fotograf tätig. Wie kam es zu Ihrer Liebe für die Fotografie?

Die Liebe zur Fotografie hat sich fast zwangsläufig entwickelt. Ich war schon immer gerne draußen in der Natur, insbesondere in den Bergen… Irgendwann habe ich dann beschlossen, eine Kamera mitzunehmen und dann kam eins zum anderen….

6 Jahre, 22 Reisen, 450 Tage am Polarkreis – mit dem Auto, Flugzeug, Helikopter, Boot, Kajak und natürlich zu Fuß waren Sie für Ihr neues Buch unterwegs. Das Resultat liegt in wenigen Tagen in Buch-Form in den Buchhandlungen. Was erhoffen Sie sich mit Ihrem Werk?

In erster Linie freue ich mich, wenn die Leser des Buches sich an meinen Geschichten und an meinen Bildern begeistern. Denn ich wollte mit dem Buch “meinen ganz persönlichen Norden” präsentieren. Zudem wollte ich den Norden noch einmal zeigen, bevor der Klimawandel das ganze Ökosystem der Arktis und des Nordens zerstört hat. Die Menschen sollen sehen: Hoppla, da oben gibt es Tiere, Menschen, Landschaften, die es wert sind, erhalten zu bleiben.

Im Bann des Nordens- Abenteuer am Polarkreis von Bernd Römmelt

Mit Ihrem Buch „Im Bann des Nordens“ wollen Sie auch auf die Gefahren hinweisen, die dem Ökosystem drohen. Wo steht die Uhr aktuell?

Es ist fünf nach zwölf. Der Norden ist viel stärker vom Klimawandel betroffen, als der Rest der Welt. Überall taut der Permafrost auf, das Packeis verschwindet immer schneller, die Gletscher tauen in Rekordgeschwindigkeit. Tiere und Menschen verlieren ihren Lebensraum.

Der amerikanische Präsident sieht im Klimawandel keine große Gefahr. Liegt er tatsächlich so falsch?

Mir fällt zu diesem Präsidenten einfach nichts mehr ein. Ich glaube sogar, dass er die Gefahren durch den Menschen gemachten Klimawandel genau kennt, es ihm aber auf „gut Bayrisch“ gesagt einfach “wurscht” ist, was in 20-30 Jahren kommt. Denn dann ist er selbst längst tot – und was interessiert diesen Mann mehr als er selbst?!

Der Klimawandel ist aktuell die größte Gefahr für die Menschheit. Ganze Regionen werden unbewohnbar  werden, wenn es so weiter geht. Es wird zu Überschwemmungen kommen (siehe Houston, August 2017) oder aber zu Dürren. Die Wetterextreme werden stärker. Viele Menschen werden ihre angestammten Regionen verlassen müssen. Es wird zu riesigen Migrationsbewegungen kommen. Das was wir jetzt an Migration aus Afrika und dem arabischen Raum erleben, wird ein Klacks sein, verglichen mit dem, was kommen könnte. Irgendwo müssen die Menschen sich ja niederlassen. Auch in unseren Breiten werden Hitzesommer mit bis zu 50 Grad und dazu milde Winter eher die Regel, als eine Ausnahme sein.

Als Reise- und Natur Fotograf haben Sie sicher viele Höhepunkte erlebt und tolle Bilder schiessen können. Aber wahrscheinlich auch viele Tage erlebt, wo Ihr Traum-Sujet nicht vor die Linse trat oder das Wetter nicht kameratauglich war?

Ja natürlich – hunderte solcher Tage. Aber mir geht es bei den Reisen in den Norden ja nicht nur ums Fotografieren. Wenn ich gen Norden reise, dann geht es in erster Linie um das Gefühl und Erleben von Weite, Einsamkeit, Wildnis… Das ist es was den Norden ausmacht: das Gefühl für die Landschaft, die Tiere, die Menschen. Nur wer im Norden dieses Gefühl aufbauen kann, der wird den Norden lieben. Alle anderen werden nie wieder kommen und sich an zu vielen Mücken, dem Regen oder der Kälte stören.

Abschliessend noch die Frage, was Ihnen Naturschutz bedeutet und was jeder einzelne von uns tun kann, um die Natur mit ihren vielfältigen Schönheiten zu erhalten?

Mir liegt der Naturschutz ganz stark am Herzen, besonders da ich sehe, wie die Natur im Moment “vor die Hunde geht”. Das gilt nicht nur für den hohen Norden, sondern leider auch bei uns, bspw. in den Alpen. Was müssen wir tun? Eigentlich ist es ganz einfach: Wir müssen lernen zu verzichten. Es ist leider so. Ein Wirtschaftssystem, das nur auf Wachstum beruht, kann auf Dauer nur scheitern. Wirtschaftlicher Wachstum heißt ja immer mehr und mehr zu produzieren und schließlich zu verbrauchen. Je mehr produziert wird, desto mehr natürliche Ressourcen werden auch verbraucht. Da liegt das Problem. Ich glaube, die Menschheit kann nur dann überleben, wenn alles nach unten gefahren wird. Wir müssen unseren gesamten Lebensstil in Frage stellen. Wir müssen hinterfragen, ob der Einzelne wirklich alle drei Jahre eine neues Auto braucht, jedes Jahr ein neues Smartphone, oder gar alle halbe Jahre einen neuen Computer? Wir müssen einfach lernen mit weniger länger auszukommen. Die meisten Deutschen antworten auf die Frage, ob sie gerne etwas für die Natur tun würden mit „Ja natürlich, Naturschutz steht bei mir hoch im Kurs”. Nur warum sind dann zwei Drittel aller neu zugelassenen Fahrzeuge große SUVs. Warum rasen wir auf den Autobahnen mit 180-190 km/h wohl wissend, dass der Benzinverbrauch dadurch um bis zu 50 % steigt (im Vergleich zu 120-130 km/h). Wer also etwas für die Umwelt tun will, der sollte seinen Ressourcenverbrauch nach unten fahren: weniger Auto fahren, langsamer Auto fahren, Lebensmittel aus der Region kaufen, weniger Konsumgüter kaufen, weniger Fleisch essen, weniger mit dem Flugzeug reisen (insbesondere dieser Punkt gilt für mich selbst)…. nur so kann’s gehen.

Weitere Informationen über den Natur- und Reisefotografen unter www.berndroemmelt.de
Bei Knesebeck erschienen bereits seine Bände Polarlichter (2016) sowie Sagenhafte Alpen (2014).

Im Bann des Nordens- Abenteuer am Polarkreis. Gebunden mit Schutzumschlag, 320 Seiten, mit 240 farbigen Abbildungen, ISBN 978-3-86873-988-6. Erscheinungstermin 21. September 2017

Bernd Römmelt mahnt: “Wir müssen lernen zu verzichten.”

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