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Koehlers Guide Kreuzfahrt ist fürs Volk, mit einer Prise Glamour und Gloria

Oliver Schmidt, Chefredakteur von Koehlers Guide Kreuzfahrt moderierte den Cruise Talk

Heute im Sonntags-Interview: Oliver Schmidt, Chefredakteur Koehlers Guide Kreuzfahrt

Aktuell gibt es nicht weniger als drei Guides für Kreuzfahrt-Fans im deutschsprachigen Raum. Ihren Köhlers Guide Kreuzfahrt, dann Kreuzfahrt Träume und das nach eigenen Angaben Original, den Bellevue Kreuzfahrt Guide.  Wodurch unterscheidet sich Ihr Guide Kreuzfahrt von den beiden Mitbewerbern?

Oliver Schmidt: Ich möchte vorausschicken, dass ich die diesjährigen Ausgaben der Mitbewerber noch nicht en detail studiert habe und zudem hier nicht in Kollegenschelte abrutschen möchte. Bei Koehlers Guide Kreuzfahrt kommt es darauf an, sich zuerst einmal auf dem Terrain zu bewegen, das eine Vielzahl von Lesern eine Kreuzfahrt als mögliche Urlaubsvariante in Erwägung zieht, um nicht völlig über Ihre Belange hinwegzusegeln. Was nützt eine Reise auf dem Murray River in Australien, wenn selbst bei 30 000 verkauften Büchern nur ein Leser dort jemals hinkommen wird? Dann geht man einen Schritt weiter und zeigt ihnen mehr, das gewisse Etwas, ein besonderes Schiff, eine neue Route, eine Trenddestination. Dieser Guide ist einer fürs Volk. Mit unserer Medienpartnerschaft mit der „Welt“ erzielen wir Breitenwirkung, und genau das wollen wir auch. Das Buch muss sich für den Durchschnittsleser gut anfühlen – mit freundlichen People-Geschichten, eingestreutem Background-Wissen, einer Prise Glamour und Gloria – aber niemals überheblich oder besserwisserisch. Das war mein Anspruch bei der Arbeit.

In ihrem Vorwort schreiben Sie, dass Köhlers Guide Kreuzfahrt 2016 im fünften Jahrgang kein neues Konzept verfolge, sich aber den Bedürfnissen des Boom-Marktes angepasst habe. Was meinen Sie damit?

Vielleicht lässt sich das an einem Beispiel am besten verdeutlichen, und das sind die Flottenvorstellungen und Schiffsbewertungen. Alle Schiffe einzeln zu bewerten, wird aufgrund der Vielzahl von Schiffen, von denen etliche zudem baugleich sind, schon bald nicht mehr möglich und nicht mehr sinnvoll sein. Wir stellen daher lieber die Flotten-Philosophie vor, versuchen, dem Leser ein Gefühl für das Unternehmen und seine Leistungen zu geben und heben dann ein Schiff exemplarisch heraus. Meines Erachtens sind wir damit gedanklich einen Schritt weiter als die Mitbewerber.

Koehlers Guide Kreuzfahrt 2016: Auf 336 Seiten alles über Kreuzfahrten

Koehlers Guide Kreuzfahrt 2016: Auf 336 Seiten alles über Kreuzfahrten

Warum sollte sich ein Kreuzfahrt-Fan gerade Ihren  Koehlers Guide Kreuzfahrt kaufen und nicht einen der beiden Mitbewerber?

Über die Flottenbewertungen sprachen wir schon. Überzeugen sollte ihn aber der Themen-Mix. Wenn er ohne Vorwissen herangeht, bekommt er bei uns einen Einblick, wie die Kreuzfahrt in den letzten 125 Jahren entstand, und er darf von jedem Kuchen ein Krümel naschen – bis er weiss, was ihm persönlich am besten schmeckt. Um ihm das zu erleichtern, haben wir nachvollziehbare Strukturen geschaffen, zum Beispiel die Reiseempfehlung für jede der vier Jahreszeiten. Kennt er sich schon aus, haben wir besondere Bonbons für ihn: die kleine »Serenissima« (104 Passagiere), eine Radl-Kreuzfahrt, eine Fährreise ins 19. Jahrhundert.

 

Sie sind seit 36 Jahren auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Trotzdem haben Sie – zumindest für mich – nicht den Bekanntheits-Grad der Herausgeber der beiden anderen Kreuzfahrt-Guides. Wer ist Oliver Schmidt?

Ui, dann haben wir uns wohl bei meiner Arbeit fürs Seereisen Magazin, für mein eigenes Schiffsreisen-Magazin und bei meinen TV-Auftritten (stern TV, Lexi TV etc.) in den letzten zwölf Jahren immer verfehlt. Macht aber nichts: Schmidt ist ein Überzeugungstäter durch und durch. Einer, der für die Kreuzfahrt – oder sagen wir lieber: Passagierschifffahrt – lebt und für sie auf Privatleben weitgehend verzichtet. Einer, der schon, als er noch privat gereist ist, nichts anderes gemacht hat als jetzt: fotografieren, beobachten, abspeichern, Zusammenhänge herstellen, in Gesprächen Neues erfahren. Mich in den Liegestuhl zu legen, wäre mir auch vor zwanzig Jahren an Bord nicht in den Sinn gekommen. Oft werde ich so charakterisiert, dass meine Leidenschaft nur den Oldies unter den Schiffen gelte. Das stimmt nicht ganz, sie gilt den individuellen Schiffen, die eine Seele haben. Zugegeben: weniger den schwimmenden Center-Parks. Das ist aber meine persönliche Vorliebe, die sich nicht in der Themenauswahl im Buch niederschlägt. Zu kurz kommen sollen die Charme-Schiffe freilich nicht.

In den kommenden fünf Jahren sind aktuell 52 neue Kreuzfahrtschiffe mit einer Gesamt-Kapazität von fast 162‘000 Betten geplant. Wie beurteilen Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung diese Entwicklung?

Damit knüpfen Sie direkt an die letzte Antwort an: Es gibt für diese Art von Schiffen ein breites Publikum, und es ist eine im Sinne des Lesers lohnende Fleissarbeit, ihre Stärken und Schwächen zu vergleichen. Da wird es viel zu tun geben. Ich begrüsse diese Entwicklung deshalb, weil für alle diese Urlauber nicht die Küsten mit Hotels zubetoniert werden müssen; sie finden ihre verdiente Auszeit und Ablenkung auf einem hochflexiblen, schwimmenden Resort, das dort eingesetzt werden kann, wo es gerade am günstigsten ist. Auch, dass bei diesen Schiffen die Destination in den Hintergrund tritt, ist mir recht, denn ich habe früher als die meisten Kollegen darauf hingewiesen, dass die Destination die einzige Ressource der Kreuzfahrt ist, die nicht schnell genug wächst. Im Klartext: Einige Häfen erleiden einen Overkill, z. B. Santorin. Ein Kreuzfahrer, der sein Glück bei einem Riesenresort auf dem Meer findet, ist daher etwas überaus Positives.

Viele Reedereien bauen immer grössere, immer verrücktere Schiffe. So wird die MSC Meraviglia 5‘700 Passagiere fassen, die Harmony oft the Seas 5‘400 und Costa plant gar ein Schiff für 6‘600 Passagiere. Denken Sie, dass sich diese Megaliner auch füllen lassen und dies die Tendenz für die Zukunft sein wird?

Die Tendenz für die Zukunft ist, wie übrigens in allen Lebensbereichen, dass sich die Schere weiter öffnet: Riesenschiffe für den Massenmarkt, Hochwertiges für den Klein-Fein-Markt, sogenannte Boutique-Schiffe. Die kleinen Drei-Sterne-Schiffe fürs Mittelsegment, die sehe ich in 20 oder 30 Jahren nicht mehr, insbesondere nicht bei steigenden Kraftstoffkosten. Sie würden dann unverhältnismässig teuer. Das wird Auswirkungen auf ein ganzes Schiffsleben haben, denn die »Europa« von heute ist ja die »Albatros« von übermorgen. Wenn es dieses „Altenteil“ für ehemalige Luxusliner nicht mehr gibt, ist ihr Leben mit 20 oder 25 Jahren zu Ende. Die Massenentwicklung kann kaum etwas stoppen; die Industrien, die dahinter stecken, haben den Markt voll im Griff. Übrigens im Sinne der Verbraucher, denn wenn die das Produkt nicht wollten, würden sie es nicht buchen, und dann gäbe es das nicht. Aber: Sie werden es buchen.

Sie widmen in Ihrem Koehlers Guide Kreuzfahrt auch einige Seiten der Flusskreuzfahrt. Wie beurteilen Sie hier die Entwicklung für die nächsten Jahre?

Die Flusskreuzfahrt ist, obwohl sie boomt (der aktuelle Knick in der Kurve ist äusserlich bedingt, z.B. durch politische Entwicklungen in Ägypten und Russland), ein Sorgenkind. Aus mehreren Gründen: Ihre Routen sind nicht flexibel. Sie kann Neues nur bringen, indem sie Landgänge neu erfindet, z.B. mit Erlebnisausflügen, kulinarischen Highlights, Themenreisen, Promis an Bord. Zum zweiten ist hier die Überfüllung der Anleger an den Flüssen eklatant. Deswegen finden Sie im aktuellen Guidebook auch keine Donaureise, Sie finden den Rhein und die Mosel ganz bewusst als Herbstreise, und Sie finden statt dessen die noch deutlich weniger überfüllte Seine in einer grossen Story. Wie gesagt: Der Leser soll sehen, wo und wann er am besten reist. Im deutschsprachigen Raum gibt es noch ein anderes Problem: Der hiesige Urlauber sieht die paar Flusstage vor der Haustür als Zweit- oder Dritturlaub, für den er kaum eine vierstellige Summe ausgeben mag. Die begehrten Schiffe wandern daher in die angelsächsischen Märkte, wir kriegen den Rest. Viking hat sich aus diesem Grunde völlig aus dem deutschen Markt zurückgezogen. Hier ist das Ende der Fahnenstange in Sicht. Zum Glück gibt es noch weitgehend „jungfräuliche“ Flüsse mitten in Europa, z. B. den Guadalquivir, die Loire und das Flüssedreieck aus Gironde, Dordogne und Garonne. Da geht noch was.

Welches ist Ihr persönliches Kreuzfahrt-Highlight?

Das kann ich ganz klar, voll Leidenschaft und daher mit einer Träne im Knopfloch sagen: die Rückkehr der MS »Deutschland«. Ein Highlight, das in 2016 kommen und diese gute Nachricht übertreffen könnte, ist für mich kaum vorstellbar. Es ist und bleibt das schönste Schiff, das wir haben.

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