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Norbert Rosing: “Auf jeder Reise präsentiert sich die Arktis neu”

“Up here” ist eine Hommage an einen der besten Tier- und Naturfotografen Deutschlands und eine unvergleichliche Kollektion der schönsten Bilder von Norbert Rosing

Heute im Sonntags-Interview: Norbert Rosing, freiberuflicher Natur-Fotograf

Sie sind seit 25 Jahren als Natur-Fotograf tätig. Wie kam es zu dieser Liebe zur Fotografie?
Norbert Rosing: Seit meiner Kindheit liebe ich die Natur. Ich kommt aus dem Münsterland, wo ich in der Nähe des Ortes Wettringen, genauer am Josefshaus, aufgewachsen bin. Hier lebten wir einbettet von Wäldern, Heiden und Teichen. Bäume klettern, Angeln und “sich dreckig machen” war meine Kindheit. Hier lernte ich auch die ersten Motive wie Spinnennetze, kleine Blumen oder ein Reh zu fotografieren. In dieser Zeit wurde der Grundstein gelegt.

Welches sind Ihre fotografischen Themen-Gebiete?

Themenschwerpunkte gibt es nur wenige: die Natur in Deutschland seit über 30 Jahren, der Yellowstone Nationalpark in den USA (12 Reisen in 3 Jahren) und natürlich die Arktis von Kanada über Spitzbergen bis Grönland. Die letzte Tour nach Grönland ist erst eine Woche her.

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden sind Sie mit Bildern aus der Arktis und Fotos von Eisbären?

Eisbären fotografiere ich seit den später 1980er Jahren. In Churchill an der Hudson Bay in Kanada sah ich meinen ersten freilebenden Eisbären, seine Kraft, die Eleganz und die Gefährlichkeit. Das alles zog mich in seinen Bann und entschloss mich, immer wiederzukommen. Churchill wurde für viele Jahre mein zweites Zuhause. In den letzten Jahren fotografierte ich Eisbären aber auch auf Spitzbergen im äußersten Norden Europas.

Sie waren schon über 50 mal in der Arktis und 25 mal in der Region Spitzbergen als Fotograf unterwegs. Kann man da überhaupt noch neue Sujets entdecken?

Auf jeder Reise präsentiert sich die Arktis neu. Wenn ich das nicht mehr so empfinde, sollte ich zu Hause bleiben. Aber selbst nach so vielen Jahren und so vielen Reisen brennt noch die Leidenschaft und die Neugierde. Noch immer schleppe ich bis zu 100 kg an Gepäck und Ausrüstung mit in die Arktis, um für jede Situation gewappnet zu sein. Und – es zahlt sich aus!

Als Fotograf in der Arktis haben Sie sicher viele Höhepunkte erlebt und tolle Bilder schiessen können. Aber wahrscheinlich auch viele Tage erlebt, wo Ihr Traum-Sujet nicht vor die Linse trat?

Man sagt 95 % der fotografischen Arbeit bestehen aus: Vorbereitung, Reise, Warten. 5% sind das eigentliche Verbringen hinter der Kamera. Viele Tage saß ich bei schlechtem Wetter fest, viele Tage verbrachte ich mit Warten auf Flugzeuge, Boote, meine Guides, gutes Wetter und auf den richtigen Zeitpunkt. In einigen Jahren sind die Beutetiere, die meine Objekt (z. B. Polarfüchse) begehren, nicht da. Also gibt es auch keine Füchse, keine Eulen. In guten Beutejahren gibt es von allem im Überfluss. Wie weiß man aber, wann das richtige Jahr ist – man weiß es nicht! Ich fahre vor Ort und lasse mich überraschen.

Sie waren und sind öfters auch mit Polar Kreuzfahrten unterwegs, wo Sie Fotografen helfen gute Bilder zu schiessen. Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Hobby-Fotografen auf diesen Kreuzfahrten?

Polar Kreuzfahren verdanke ich viele meiner Arktistouren und dafür bin ich denen sehr, sehr dankbar. Die Zusammenarbeit ist ein Geben & Nehmen. Nur so funktioniert das. Auf den Schiffen helfe ich anderen Mitreisenden, mithilfe der Crew, insbesondere mit dem Expeditionsleiter und dem Kapitän, Motive zu finden. Das hört sich banal an, erfordert aber meine fast konstante Anwesenheit an Deck. Ich suche nach Tieren, besonderen Formationen in der Geologie, nach Farbmustern an den Bergen, nach besonderen Strukturen in Eisbergen. Dies alles sehen die meisten Menschen nicht. Sie sehen es aber, wenn ich sie darauf hinweise und ihnen empfehle mit bestimmten Objektiven diese Motive anzusehen. Dann kommt meistens ein “Ahhh” oder “Ohhh”. “Das hätten wir nicht gesehen!” Das ist meine Aufgabe und das funktioniert sehr gut. Die Mitreisenden sollen am Ende sagen können: ohne Sie hätten wir diese Bilder nicht bekommen.

Welche Tipps können Sie einem Fotografen oder einer Fotografin für gelungene Bilder geben? 

Geduld, Zeit nehmen, ein Stativ verwenden und im Sucher das “fertige” Bild gestalten. Mit “das mache ich später am Computer” kann ich nicht viel anfangen. Warum nicht gleich richtig machen?!

Ihre Bilder wurden in zahlreichen Magazinen wie «National Geographics», aber auch vielen Büchern veröffentlicht. Welche Buch- oder Naturfreunde sprechen Sie mit dem 160-seitigen Bildband “Up Here” an?

Ich sehe mein Buch “Up Here” als mein bisher schönstes, größtes und ansprechendstes Buch meiner Karriere an. Der Knesebeck Verlag hat mir die Chance gegeben ein Kunstbuch mit meinen Lieblingsbildern aus 20 Jahren Naturfotografie in Kanada zu machen. Bis auf 2 Bilder sind alle Bilder mit dem Leica R System, d. h. analog, fotografiert. Dies war meine “Herzblut”-Ausrüstung. Leider ist auch die unter die digitalen Räder gekommen. Dieses Buch setzt einen Gegenpol zu den heute digital fotografierten Bildbände. Einfach anders, nicht wertend. Es spricht naturbegeisterte Menschen ebenso an wie Menschen, die sich für Fotografie interessieren und Menschen, die einfach ein mit Liebe gemachtes Buch in Ruhe in die Hand nehmen wollen und jede Seite mit Genuss umschlagen wollen. Genießen Sie solche Bücher, solange es sie gibt.

Abschliessend noch die Frage, was Ihnen Naturschutz bedeutet und was kann jeder einzelne von uns tun kann, um die Natur mit ihren vielfältigen Schönheiten zu erhalten?

Naturschutz – ja wo soll ich da anfangen und wo aufhören? In Grönland sah ich vor 2 Wochen Plastikmüll im Meer, das gleiche vor einem Jahr auf 80 Grad Nord auf Spitzbergen. Noch immer wird Plastikmüll offiziell auf den Meeren verklappt. Auf Grönland fuhren wir an Inseln vorbei, die noch vor 25 Jahren von dickem Gletschereis bedeckt waren. In Burma werden seit der Öffnung riesige Waldgebiete durch illegalen Holzeinschlag geplündert. Keiner stoppt das. Wir fällen einige unserer ältesten Bäume in unseren Wäldern, um sie zu verkaufen und schlagen große Schneisen in die Gebiete für unsere Energiewende. Hier höre ich auf.

Norbert Rosing gilt als der Arktis- und Eisbärenkenner Deutschlands. Zwei Jahrzehnte durchquerte er auf zahlreichen Reisen die kanadische Arktis und Spitzbergen, um die Faszination dieses einzigartigen Lebensraums vor der Kamera einzufangen. Er verbrachte viele Jahre in Churchill (Manitoba/Kanada), der „Hauptstadt der Eisbären”, um das Leben der arktischen Tierwelt – allen voran der Eisbären – zu allen Jahreszeiten zu dokumentieren. Seine Aufnahmen der Eisbären, die mit ihren Jungen aus den Höhlen kommen, oder des Bären, der mit dem Reifen spielt, gingen um die ganze Welt. Kaum einem Fotografen gelang es bisher, das Wesen der Tiere und die Schönheit dieses lebensfeindlichen Gebiets so eindringlich und berührend zu porträtieren. Wie kein anderer versteht er es, allen Wetterlagen zum Trotz Polarfüchse, Schneehasen oder Robben auf Film zu bannen. Dieses Buch ist eine Hommage an einen der besten Tier- und Naturfotografen Deutschlands und eine unvergleichliche Kollektion seiner schönsten Bilder. Es versammelt seine besten Aufnahmen aus der Zeit von 1988 bis 2016. Neben den Ikonenbildern zeigt der monumentale Bildband auch bisher unveröffentlichtes Material. Faszinierende Dokumente eines fotografischen Abenteuers, atemberaubende Bilder einer verschwindenden Welt, deren Magie man sich nur schwer entziehen kann.

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