1. Home
  2. /
  3. Sonntags Interview
  4. /
  5. Renaissance der kleineren und...

Renaissance der kleineren und mittelgrossen Schiffe für Kreuzfahrtliebhaber

Pythagoras Nagos, Kreuzfahrt-Branchenkenner und früher Chef von MSC Kreuzfahrten in der Schweiz

Heute im Sonntags-Interview Pythagoras Nagos, Kreuzfahrt-Branchenkenner und früher Chef von MSC Kreuzfahrten in der Schweiz

Sie kennen sich seit 17 Jahren in der Kreuzfahrt Branche aus. Nachdem Sie bis Εnde Dezember 2019 Chef von MSC Kreuzfahrten in der Schweiz waren, sind Sie aktuell unabhängiger Unternehmensberater, spezialisiert auf innovative Entwicklungen in der Kreuzfahrt und Küstenschifffahrt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung der Kreuzfahrt?

Pythagoras Nagos: Die Kreuzfahrtindustrie ist global in Aufruhr wegen der Pandemie. Die 2020 Saison startete für die Branche sehr erfolgsversprechend, nach einer wirklich sehr guten 2019 Saison. Leider hat die Pandemie auch diese Branche praktisch seit der zweiten Märzhälfte zum Stillstand gebracht.

Wir alle reden von Kreuzfahrten, dabei vergessen wir dass die Kreuzfahrtindustrie ein sehr junger Marktteilnehmer im Leisurebereich ist. Im Jahr 2010, das heisst vor 10 Jahren, gingen lediglich 19,1 Millionen Passagiere auf eine Kreuzfahrt. Bis Ende 2019 hat sich die Zahl auf 30 Millionen erhöht.

Gemäß den Wachstumsprognosen für die nächsten 10 Jahre, das heisst bis 2030 (noch vor dem Pandemieusbruch), würden wir Ende 2030 die 40 Millionen Passagiere Grenze knacken können! Entsprechend wurden von den Big Players der Branche Neubauprogramme im Auftrag gegeben und so waren bei den wichtigsten Werften alle slots bis Ende 2028 für den Bau von Kreuzfahrtschiffen aller Größen reserviert.

40 Millionen Passagiere sind natürlich nur ein Bruchteil der 1,4 Milliarden Menschen, die sich weltweit im Jahr 2018 eine touristische Reise ins Ausland leisten könnten! Vor allem wenn man sich überlegt, welche Länder / Regionen, erst seit einigen wenigen Jahren die Kreuzfahrten entdeckt haben (zum Beispiel Länder des Fernen Ostens), kann man schon erwarten, dass die Wachstumschancen enorm sind!

Das Business Model der Kreuzfahrtindustrie basiert heutzutage auf Passagiervolumen (Economies of scale = Skalenerträge lassen hier grüßen) und da wird bei den Neubauten an nichts gespart, was die Attraktivität eines hochmodernen Kreuzfahrtschiffes zum wichtigsten Verkaufsargument gestaltet: Innenausstattung, Kabinenvielfalt, Einzug der Digitalisierung dank hochinnovativer digitaler Applikationen, exklusive Mitgliederclubs, Enogastronomie vom Feinsten, diverse Unterhaltungsprogramme, die Broadway Standards übertreffen, Spa/Wellness, usw. Das Schiff wird zur eigentlichen Destination der anspruchsvollen Reisenden, und die Region oder besser gesagt die Destinationen welche auf dem Routing stehen, bekommen erst eine zweitrangige Bedeutung. Das kann man natürlich wegen der Größe vieler Neubauten und den damit verlangten Häfeninfrastrukturen erklären (viele Neubauten können wegen ihrer Größe nur bestimmte Häfen anfahren, tendering wie in den guten alten Zeiten ist ab einer bestimmter Größe leider aus reinen operationellen Gründen kaum möglich, somit bleiben kleine aber feine Destinationen, Schiffen ab einer bestimmten Größe leider weiter ausgeschlossen).

Rückkehr zu kleineren Schiffen für 3’000 – 3’500 Passagiere?

Die neuen hochmodernen Kreuzfahrtschiffe leisten einen sehr positiven Beitrag in den Bereichen Umweltschutz (LNG, Low Sulfur Treibstoff, totaler Verzicht von Plastik an Bord usw) und Nachhaltigkeit. Und das wird weiter so bleiben, man kann sich die Anwendung weiteter innovativer neuen Technologien (zB Windenergie, Elektroantrieb oder Hybridantriebskonzepte) in der Zukunft kaum ausschließen und das würde für das Branchenimage sehr wichtig sein, vor allem was das Ansprechen der jüngeren Generationen und der First time Cruisers anbetrifft.

Wie sieht die Zukunft aus? Wegen der COVID 19 Krise wird erwartet, dass viele der schon angekündigten  Schiffbauprogramme an die neuen Trends zumindest für europäische Reisende angepasst werden (ein Trend Richtung Rückkehr zu Kapazitäten bis zu ca. 3.000-3.500 Passagiere oder noch kleinere Schiffe ist dabei nicht auszuschließen). Es ist durchaus möglich, dass bereits vorhandene große, moderne Kreuzfahrtschiffe mit Kapazitäten bis zu 5.000 Passagieren für eine gewisse Zeit  andere Märkte (Karibik, Südamerika, Fernen Osten) ansteuern.

Man kann sich vorstellen, dass alle laufenden Schiffbauprogramme der Kreuzfahrtbranche, die vom Standpunkt der Auslieferungen aktuell bis 2027/2028 reichen, derzeit vollständig überarbeitet /überdacht werden (die europäischen Werften sind seit Mitte März 2020 im Lock down und deren Betrieb wird langsam erst während der letzten Tage wieder hochgefahren). Der Lock down wird wahrscheinlich die Auslieferung der Schiffe, welche für die nächsten 6-8 Monate geplant waren in Verzug bringen.

30-35 % der geplanten Kreuzfahrtschiffe könnten nicht gebaut werden

Kreuzfahrtunternehmen, welche Neubauten im Auftrag haben, die noch nicht geliefert sind, überdenken zurzeit die Spezifikationen der neuen Schiffe im Lichte der Erkenntnisse der Pandemie und versuchen sofern möglich den Übernahmetermin in die weitere Zukunft zu verschieben, in der Hoffnung dass sich bis dann die Weltwirtschaft erholen wird.

Standpunkt heute schätze ich, dass eventuell nur 65 %-70 %  der bestehenden Aufträge das Potenzial haben, realisiert zu werden, jedoch mit signifikanten Änderungen der grundlegenden Bauspezifikationen (Schiffsgröße, Anzahl der Kabinen, Größe / Fläche der Kabinen, Spezifikationen der öffentlichen Räumlichkeiten, Kabinen der Schiffsbesatzung usw). Bei dieser Überprüfung der Schiffbauprogramme wird nicht nur die Reduzierung von Schadstoffen und der Einsatz innovativer Technologien gefördert.

Es ist von vielen Seiten zu hören, dass zumindest für die Europäischen Routen bei den im Auftrag sich befindenden Neubauten, eine Rückkehr zu den heutigen sogenannten mittelgroßen Schiffen (mit einer Kapazität von ca. 3.500 Betten) sehr wahrscheinlich ist.  Einige im Auftrag gegebenen grosse Schiffe werden bei einigen Reedereien weiter gebaut, man kann jedoch davon ausgehen, dass die Kabinen viel größer und luxuriöser werden, was zu einer Reduktion der Kapazität führen könnte.

Angesichts des noch mangelnden Vertrauens der Passagiere, sich lange Zeit von ihrem Wohnort fernzuhalten, werden viele Unternehmen zunächst mit kürzeren Strecken experimentieren (3,4,5 Tage statt 7, 10, 11 oder 14 Tage): kürzere Routen, eventuell mit mehr Seetage erlauben einen spontanen Routenwechsel und einen Emergency Call in großen Häfen, sobald außergewöhnliche Gesundheitsbedingungen dies erfordern. Sehr beliebte Spezialprodukte, wie z.B. die Weltkreuzfahrt könnten unter Umständen für die nächsten 12 Monate schwieriger als bisher zu vermarkten sein.

Die strengen Gesundheits- und Hygieneprotokolle, nach denen die Tourismusbranche von nun an arbeiten sollte, werden wahrscheinlich sehr lange gültig sein.

1.73 Milliarden US-Dollar verlieren die vier Großen der Branche (Carnival Corporation, Royal Caribbean, MSC Kreuzfahrten und Norwegian Cruise Line) in der aktuellen Krise pro Monat. Und auch die kleinen Reedereien sind schwer betroffen. Werden alle Reedereien überleben?

Pythagoras Nagos: In einer Branche, in der Milliarden von U$D/Euro in neue Schiffe, Renovationen/ Upgrades bestehender Schiffe und nötige Hafeninfrastruktur investiert wurden ist es schwer vorstellbar, dass es nach dem Ende der Pandemie keine Erholung geben wird. Die Erholung wird jedoch auf längere Sicht kommen.

Die drei großen der Branche (Carnival Corporation, RCCL und NCL) haben sich für das denkbar schlechteste Szenario vorbereitet, d.h. eine längere Auszeit, indem sie in den letzten Wochen zusätzliche Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen haben, um die nötige Liquidität für die nächsten Monate zu gewährleisten.

Kreuzfahrtunternehmen sind seit Mitte März mit einem denkbar schlechtem Scenario konfrontiert: Stilllegung der Flotten, welche als Resultat  nur Kosten und keine Einnahmen hat. Die Fixkosten der vier größten Unternehmen (Carnival, RCCL, NCL, MSC Cruises) der Branche aufgrund des Stillstandes ihrer Flotten sind atemberaubend und liegen gemäß Schätzungen je nach Reederei zwischen 150 Millionen und 1 Milliarde US-Dollar pro Monat! Der Spruch „too big to fail“ sollte sich als alte Weisheit in dieser Krise bewähren!

Es ist durchaus möglich, dass einige kleine, regionale Reedereien, diese Krise wegen fehlender Finanzierung nicht überleben werden.

Ich kann mir vorstellen, dass unter Umständen, bei Kreuzfahrtunternehmen, wo mehrere Brands (Marken) existieren, im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen, einige komplimentaere Marken fusionieren werden. Es ist ebenfalls durchaus möglich, dass einige kleine, regionale Reedereien, diese Krise wegen fehlender Finanzierung nicht überleben werden. Aber für die 4 Großen (Carnival, Royal Caribbean, NCL und MSC Cruises), sehe ich überhaupt kein Problem. Eher das Gegenteil, es ist durchaus möglich, dass sie nach der Krise Marktanteile gewinnen werden.

Die eine Million Dollar Frage ist zur Zeit, wann die ersten Kreuzfahrten in Europa und weltweit wieder starten werden. Welchen Zeitpunkt sehen Sie?

Erlauben Sie mir eine Korrektur: vielleicht ist diese die zwei Billion $ Frage, anhand der vorher erwähnten Angaben über die anfallenden monatlichen Fixkosten von circa 1,8 Billionen $!

Stand der Dinge heute: Die Kreuzfahrtgesellschaften werden auf die Entwicklung der Pandemie und die Ankündigungen der zuständigen staatlichen Behörden warten, bevor sie die Wiederaufnahme der Reiserouten beschließen. Es wird geschätzt, dass bis Ende 2020 nur 30% bis 35% der globalen Kreuzfahrtflotte einsatzbereit sein wird, natürlich unter der Voraussetzung, dass die Entwicklung der Pandemie dies zulässt! Der Betrieb wird langsam hochgefahren, zuerst in Regionen, wo die Reedereien einen quasi „Heimvorteil“ sehen.

Die Kreuzfahrtgesellschaften warten darauf, dass sich die Marktbedingungen verbessern, um eine bestimmte Anzahl ihrer Schiffe zu reaktivieren; dabei ist es durchaus möglich, dass ältere Schiffe außer Dienst gestellt werden.

Der konkrete Zeitpunkt für die Wiederaufnahme der Mittelmeerrouten (sowohl für das Westliche als auch für das Östliche Mittelmeer) ist noch nicht bekannt: die traditionellen Heimathäfen in Italien (Venedig, Trieste, Genoa, Civitavecchia / Rom, Savonna), Frankreich (Marseille) und die beliebtesten neuen (Spanien / Barcelona), aber auch sehr beliebte Feriendestinationen wie die Balearen, Sardinien und Korsika sind imagemäßig von der Corona Krise schwer betroffen, während Spanien sich erst in den letzten Tagen entschlossen hat, ihre Grenzen für Touristen ab dem 1. Juli wieder zu öffnen.

In den letzten Tagen gibt es zahlreiche Meldungen, gemäß welchen die vier größten Reedereien (Carnival Corporation, Royal Caribbean, Norwegian Cruise Line und MSC Cruises) eine Wiederaufnahme einiger Routen für Juli oder August dieses Jahres planen. Es ist deswegen gut möglich, dass viele für die Sommersaison 2020 geplanten Kreuzfahrten in Europa (Mittelmeer und Nordsee) abgesagt werden. Die Nordsee (Fjorde, Ostsee), ein besonders beliebtes, aber rein sommerliches Reiseziel (Abfahrten finden statt von Mitte April bis Ende August), muss für dieses Jahr praktisch vergessen werden. Das sollte auch für Alaska gelten.

Man kann davon ausgehen, dass sofern der Betrieb wieder aufgenommen wird, die Europäischen Kreuzfahrtgesellschaften zuerst die beliebten Mittelmeerroutings lancieren, während die US Reedereien sich eher in der Karibik konzentrieren. Die Gründe liegen auf der Hand: die Abfahrtshäfen sind in beiden Fällen leichter zu erreichen und Reisenden würden sich wahrscheinlich in Ihrem Kontinent sicherer fühlen. Ich schätze, dass sich die Kreuzfahrtgesellschaften bezüglich der 2020 Saison einer Schadenskontrolle zuwenden werden.

Kreuzfahrten nur von italienischen Häfen

Eine mögliche Alternative, um die 2020 Kreuzfahrten in Europa nicht komplett  zu annullieren könnte sein, diese zu Kreuzfahrten umzugestalten, die nur an ein lokales geografisches Gebiet/Publikum gerichtet sind: z. B. Kreuzfahrten, die nur von italienischen Häfen abfahren und nur an die Einwohner Italiens verkauft werden.

Die Karibik wird meines Erachtens sehr zögernd, aber nicht früher als im 4. Quartal 2020 beginnen und dies wahrscheinlich mit Minicruises (3-5 Tage) und nicht mit den sehr beliebten etablierten Produkten (7/10/11/14 Tage). ”

Europäische Kreuzfahrtunternehmen werden höchstwahrscheinlich bis Ende 2020 in der Karibik aufgrund teurer Flugpreise und weniger frequentierten Flugverbindungen viel weniger Schiffe einsetzen, unter Umständen sogar keine Abfahrten vor Weihnachten 2020 anbieten (dabei sollte berücksichtigt werden, dass knapp 30% der Karibik-Passagiere aus Europa stammen).

Die drei Branchenführer (Carnival Corporation, Royal Caribbean, Norwegian Cruise Line), die bereits in China / Fernen Osten stark vertreten sind, erwägen die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit wieder in dieser Region zu starten, sobald die Bedingungen es erlauben.  Dabei wird es sich hauptsächlich um ethnische Produkte/Routen handeln, welche sich an die lokale Märkte richten (Kreuzfahrtschiffe dieser  Unternehmen sind in der Region positioniert und können mit relativ kurzfristiger Ankündigung wieder loselegen).

Kreuzfahrtbranche wird sich erst 2022 vollständig erholen

Und wenn es losgeht, wie wird es aussehen? Zuerst werden weit weniger Schiffe den Betrieb aufnehmen. Realistisch gesehen, wird sich die Branche langsam im Laufe von 2021 erholen. Im Jahr 2021 sollten wir aufgrund der erwarteten schwachen Erholung des Welttourismus sicherlich weniger Kreuzfahrtpassagiere erwarten als im Jahr 2019. Die Kreuzfahrtindustrie dürfte sich jedoch im Laufe der 2022 Saison vollständig erholt haben.

Um das Interesse der Passagiere zu wecken, werden die Unternehmen am Anfang sehr attraktive Konditionen anbieten. Damit wird versucht, die niedrigen Ladefaktoren zu verbessern, welche man während der ersten Monate nach der Wiederaufnahme der Betriebes befürchtet. Es wird wahrscheinlich einige Monate dauern, bis wir die Preise für Kreuzfahrttickets wieder auf dem Niveau vor der COVID 19 Krise sehen.

Dies ist der entscheidende Punkt, mit dem sich die task forces der Kreuzfahrtunternehmen zurzeit befassen:

Wenn die derzeit zur Diskussion stehenden Bedingungen erfüllt sind, darf wahrscheinlich für eine gewisse Zeit die maximale Anzahl der Passagiere 35%-40%  des Passagierprotokolls nicht überschreiten. In der Praxis kann dies bedeuten, dass für einige Schiffe von einer bestimmten Kapazität der Betrieb nicht rentabel zu sein scheint, da diese Restriktionen auf die Skaleneffekte negativ auswirken. Hier stufe ich die Gefahr als ziemlich groß, dass einige regionale, kleine Reedereien, es nicht schaffen, den Betrieb wieder aufzunehmen.

Wenn die Anzahl der zulässigen Passagiere verringert wird, werden viele Kategorien der Schiffsbesatzung (Hotelmitarbeiter, die in direkten Kontakt mit Passagieren kommen, Künstler / Musiker / Tänzer / Sänger sowie Besatzungsmitglieder die im Wellness-Spa-Bereich arbeiten) entsprechend prozentual reduziert.

In allen öffentlichen Räumlichkeiten  bleiben zunächst 60% bis 70% der vorhandenen Sitze leer.

Welche weiteren Gründe sehen Sie, die die Wiederaufnahme des Betriebes erschweren könnten?

Einige Häfen werden Kreuzfahrtschiffe relativ ungern akzeptieren, bis sie die neuen Hygiene- und Sicherheitsprotokolle genau studieren und gutheißen.

Die Ticketpreise werden sich voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte von 2021 erholen

Das US-amerikanische Service-Center für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten CDC verfügt weiterhin über die No-Sail-Verordnung für Bürger mit permanentem Wohnsitz in den USA, zumindest bis Ende Juli 2020.

Die Ticketpreise werden sich voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte von 2021 erholen.

Schätzungen bezüglich des erwarteten Gesamtumsatzes der drei führenden Kreuzfahrtfirmen (basierend auf 2019 Daten) zeigen für Carnival Corporation und Norwegian Cruise Line einen prognostizierten Umsatzrückgang für 2021 von bis 10%, während für Royal Caribbean das 2019 Niveau beibehalten werden könnte (die Erwartung für RCCL ist dass sie sich voraussichtlich schneller erholen wird als die beiden anderen Firmen).

Mit welchen Änderungen werden Passagiere nach der Krise auf den Kreuzfahrtschiffen voraussichtlich leben müssen?

Die Denkfabriken der Kreuzfahrtgesellschaften überlegen sich derzeit, wie die Kreuzfahrtbranche aussehen wird, wenn wir wieder auf Reisen gehen können,

Was braucht es, um einen Passagier davon zu überzeugen, eine Kreuzfahrt wieder zu buchen? Um reisen zu können, müssen wir uns sicher fühlen. Solange wir dieses Gefühl nicht spüren, werden wir keine Reisen buchen.

Kreuzfahrtindustrie  verfügte schon vor der Pandemiekrise über sehr strenge Hygiene -/ Gesundheitsprotokolle

Aus diesem Grund wage ich es, auf der Grundlage der derzeit stattfindenden Diskussionen über das Verhalten von Reisenden, folgendes aufzuzeichnen:

Wir erwarten, dass Menschen Entscheidungen bezüglich ihren Ferien auf der Grundlage von Gesundheitsparametern treffen. Erstens beginnen sie ihren Urlaub in ihrem eigenen Land, d.h. dort, wo sie sich sicherer fühlen und mit dem Auto reisen können. Das Hauptargument dafür wird die Möglichkeit einer schnellen Rückkehr an ihrem Wohnort sein, falls etwas Unerwartetes passiert. Man geht davon aus, dass die Kreuzfahrtindustrie voraussichtlich von diesem Trend betroffen sein wird.

Strenge Hygiene -/ Gesundheitsprotokolle: Die Kreuzfahrtindustrie  verfügte schon vor der Pandemiekrise über sehr strenge Protokolle. Nun erwarten wir dass diese noch strenger werden und eventuell auch die jeweiligen neuen Protokolle von Fluggesellschaften und Hotels mitberücksichtigen. Die Kreuzfahrtgesellschaften müssen nun diese neuen Maßnahmen Ihren Kunden auf eine plausible Art erklären, so dass die Kunden mehr Einsicht haben.

Die strenge Einhaltung der “social distancing” Regeln wird auch auf Kreuzfahrtschiffe wirken.

Das würde heißen:

• Am Anfang und für geraume Zeit stehen weniger Kabinen zum Verkauf. Es wird geschätzt, dass sobald die Maßnahmen gelockert sind und das Reisen wieder ermöglicht wird, lediglich 30% bis 40% der verfügbaren Kabinenkapazität zum Verkauf angeboten werden.

• Weniger Kabinen bedeuten weniger Hotelpersonal, eigentlich genau soviel, wie für die Passagiere an Bord nötig.

• Die öffentlichen Räume  der Schiffe werden aufgrund der Richtlinien eines sehr strengen Serviceprotokolls betrieben, das durch das Hygiene-/ Gesundheitsprotokoll festgelegt wird. Am Anfang ist es durchaus denkbar, dass die berühmten Shows nur für wenige Passagiere angeboten werden oder im Extremfall finden sie nur in offenen Theatern statt, wo der Schutz vor der jeweiligen Witterung vorgesehen ist.

• Einige Kreuzfahrtgesellschaften werden möglicherweise über spezialisiertes medizinisches Personal auf ihren Schiffen verfügen, das als komparativer Vorteil (USP=unique selling proposition) zum Aufbau des Sicherheitsgefühls für die Passagiere kommuniziert wird.

• Zu einem späteren Zeitpunkt werden sich möglicherweise Änderungen im Innendesign der Schiffe ergeben, mit dem Ziel, den Kontakt der Passagiere mit Schiffsoberflächen möglichst zu minimieren. Diese werden technologisch fortschrittliche digitale Anwendungen sein, die beispielsweise den Check-in-Prozess oder die Bestellung an Bars, Restaurants usw. unterstützen.

Sehr strenge Gesundheitsbeschränkungen können bestimmen, welche Passagiergruppen auf Kreuzfahrtschiffen reisen dürfen

Zu den erwarteten Innovationen könnten folgende gehören:

Sehr strenge Gesundheitsbeschränkungen können bestimmen, welche Passagiergruppen auf Kreuzfahrtschiffen reisen dürfen. Passagiere müssen von ihrem Arzt ein spezifisches Gesundheitszeugnis anfragen und nach erfolgreichen Untersuchungen bekommen, um dieses bei Check In vorzulegen, quasi ein „Gut zu reisen“ Zeugnis.

Um einen Menschenandrang, und vor allem um eine mögliche Massenansteckung wegen der Nutzung des Servierbestecks zu vermeiden, gibt es auf den Schiffen möglicherweise zunächst kein Selbstbedienungsbuffet. Das Frühstück vom Buffet kann durch einen Korb pro Passagier ersetzt werden, der den gesamten Inhalt des Frühstücks enthält und von jedem Passagier selbst aus einem bestimmten Bereich des Restaurants bezogen wird.

Sie sind griechisch-schweizerischer Doppelbürger. Ihre Heimat Griechenland öffnet am 1. Juli die Grenzen für internationale Touristen. Können Kreuzfahrt-Fans somit diesen Sommer beliebte Ziele wie Santorini, Kreta oder Athen wieder besuchen?

Pythagoras Nagos: Kleine Korrektur non meiner Seite: ab dem 15. Juni darf man nach Athen fliegen. Ab dem 1. Juli darf man direkt die regionalen griechischen Flughäfen anfliegen

Kreuzfahrtfans, die Griechenland besuchen möchten, müssen sich mehrheitlich eine Östliche Mittelmeerroute aussuchen, welche hauptsächlich Gebrauch von einem der zahlreichen Einschiffungsmöglichkeiten der italienischen Häfen machen. Einige Kreuzfahrtunternehmen bieten in ihren Routings die Griechischen Inseln und Piräus mit Einschiffung ab Barcelona. Eine einzige regionale Reederei bittet Kreuzfahrten zu den griechischen Inseln mit Einschiffung ab Piräus (deren Abfahrten sind bis und mit dem 30. Juli annulliert).

Ob die griechischen Destinationen von den zahlreichen Kreuzfahrtliebhabern diesen Sommer zu genießen sind, bleibt zum Zeitpunkt dieses Gesprächs fraglich. Ich sehe gute Chancen, dass die Ägäis Highlights ab September 2020 zu besuchen sind. September und Oktober sind meines Erachtens die besten Monate, um Griechenland zu besuchen: das Wetter ist ideal und dieses Jahr wird man sehr wahrscheinlich mit viel weniger Menschenandrang (wenn überhaupt) auf Mykonos und Santorini konfrontiert.

Neukundengewinnung für Kreuzfahrten wird eher schwierig

Generell kann man behauten, dass es einfacher sein wird für die nächsten 6-12 Monate erfahrene Kunden (Repeaters) für eine Kreuzfahrt zu überzeugen als Neukunden zu gewinnen.

Was jedoch in den nächsten 6 bis 8 Monaten in der Kreuzfahrtindustrie passieren wird, hängt sehr stark von der Art und dem Ausmaß der Wiederaufnahme des Flugverkehrs ab, zumindest was die europäischen Märkte und dann die Langstreckenmärkte betrifft.

Mit Ausnahme Italiens und teilweise Frankreichs, wo Italiener bzw. Franzosen die Abfahrtshäfen mit ihrem Auto erreichen  können, sind die übrigen europäischen Märkte sehr stark von der Luftfahrtindustrie bezüglich Transport von Kreuzfahrtpassagieren von ihrem Wohnsitz zum Abflughafen im Mittelmeer abhängig.  Ohne genügend und vor allem erschwinglichen Flugverbindungen, wird die Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs in diesem Jahr in Europa sehr schwierig sein, da in vielen Fällen die sehr populären Cruise & Fly Produkte angeboten werden.

Die schönen griechischen Inseln eignen sich weniger für die grossen Kreuzfahrtschiffe mit 4‘000 und mehr Passagieren. Wo liegt die Zukunft der Kreuzfahrt in Griechenland?

Erlauben Sie mir die Frage zuerst aus der Helikopterprespektive zu beantworten:

Das Mittelmeer ist ein einzigartiges Reiseziel, welches Menschen aus aller Welt besuchen möchten. Deswegen braucht man Schiffe mit großer Passagierkapazität. Wie die aktuellen Zahlen zeigen, wächst die Region weiter (zwar nicht wie gewünscht, weil Destinationen  entlang der Nordküste Afrikas immer noch nicht angefahren werden können und wegen der aktuellen Schiffsgrößen man leider fast dieselben Destinationen anfährt).

Das Mittelmeer wird durch eine historische Vergangenheit, diversen Kulturen, reiche Bräuche und Traditionen, Kunst, Enogastronomie, einzigartige natürliche Schönheit charakterisiert und zieht ständig neue Besucher, aber auch Repeaters, an. Griechenland hat eine einzigartige Position in diesem «Mittelmeerspuzzle», weil alle diese charakteristische Merkmale in jeder griechischen Destination reichlich vorhanden sind. Ferien auf Kreuzfahrtschiffen jeder Größe bleiben also weiterhin in der Zukunft eine der beliebtesten, komfortabelsten und preiswertesten Urlaubsarten das Östliche Mittelmeer und damit Griechenlands Schönheiten kennenzulernen!

Griechenland hat 3’000 Inseln, 140 sind bewohnt nur 9 werden von Kreuzfahrt-Touristen besucht

Griechenland hat circa 3,000 Inseln, lediglich 140 davon sind bewohnt. Griechenland ist somit für Seetourismus und speziell Kreuzfahrten im Mittelmeer ein wahres Paradies. Aus den 140 bewohnten Inseln Griechenlands, lediglich 9 sind auf den heute bekannten Kreuzfahrtroutings inkludiert: Korfu und Kephalonia im Ionischen Meer; Mykonos, Santorini, Heraklion und Aghios Nikolaos (Kreta), Patmos, Rhodos und die neuerdings entdeckten Milos, Syros, in der Ägäis. Man kann leicht erkennen, dass noch viele unentdeckte Inseldestinationen, einige davon wie ungeschliffene Juwelen glänzend, unter gewissen Voraussetzungen sehr interessant für die Kreuzfahrtindustrie sein könnten, weil man immer nach neuen Destinationen und somit Produktdifferenzierung sucht (speziell um die sehr wichtigen, weil loyal, Repeaters anzusprechen).

Mykonos und Santorini leiden seit einigen Jahren unter dem Phänomen Overtourism (so wie andere bekannte Destinationen im Mittelmeer), und das nicht nur wegen der vielen großen Kreuzfahrtschiffen, die an gewissen Tagen diese beiden Inseln besuchen. Andere griechische Inseln bleiben jedoch fern von den Kreuzfahrtroutings, weil die nötige Infrastruktur noch nicht vorhanden ist.

Wo liegt die Zukunft der Kreuzfahrt in Griechenland? Griechenland hat die Pandemie bestmöglich gemanagt, und dies wurde von den Medien weltweit wiederholt erwähnt und anerkannt. Idealerweise erwarten meine Landsleute in Griechenland, dieses besonders positive Image für Griechenland im Tourismus sofort umzusetzen. Leider kann dies realistisch gesehen erst ab der Saison 2021 zur wirklichen Geltung kommen.

Griechenland hat im Kreuzfahrt Tourismus eine einmalige Chance

Nach der Pandemie Krise sehe ich für Griechenland eine einmalige Chance: Griechenland sollte sich bemühen, das erste Land zu sein, welches die Wiederaufnahme des Kreuzfahrt Tourismus begrüßt. Griechenland hat die Fähigkeit zu demonstrieren, wie ein Land mit Kreuzfahrtunternehmen zusammenarbeiten kann, um die Angst vor Covid 19 zu lindern und gleichzeitig ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufzubauen, das mehrere neue Ziele entwickelt, die Griechenland zur weltweit führenden Kreuzfahrtregion machen können.

In verschiedenen Artikeln wird berichtet, dass das Massentourismusmodell stark von der Pandemie betroffen ist. Es wird erwartet, dass nach der Lockerung der Pandemiemassnahmen, die Suche nach wahren, authentischen Erfahrungen, nun aber in menschlichen Dimensionen, die Einstellung der Reisenden  gegenüber Ferien stark beeinflussen wird.

Parallel zu den «Mainstream-Kreuzfahrtunternehmen», welche weiterhin große Schiffe einsetzen und bekannte Destinationen anfahren, zeigen die neuen Trends eindeutig, dass ein erheblicher Teil der Reisenden ein starkes Interesse für kleinere Schiffe (einschließlich großer Segelboote und Yachten) zeigt. Schiffe die der Luxuskategorie gehören, welche eine geringere Anzahl von sehr anspruchsvollen Passagieren der oberen/obersten Einkommensklassen ansprechen, die sehr gerne neue Premium – Boutique Destinationen besuchen möchten. Dabei werden die Nachhaltigkeits- und Umweltschutzgedanken eine sehr wichtige Rolle spielen.

Griechenland muss meines Erachtens diesen Trend beachten und ein neues Geschäftsmodel aufbauen und sich als Kreuzfahrtdestination neupositionieren. Kleinere Schiffe können zusätzlich zu den in der Ägäis und im Ionischen Meer bereits bekannten Destinationen, neue, kleinere griechische Inseln anfahren, welche die größeren Schiffe mangels notwendiger Infrastruktur nicht anfahren können!

In der Kreuzfahrtbranche plant man wie Sie wissen einige Jahre im Voraus! Um realistische  Chancen für die Lancierung neuer griechischen Destinationen zu haben, muss man sich deswegen beeilen! Viele andere Destinationen haben dasselbe Ziel!

Koordination und Strategische Planung, welche von Seiten der griechischen Regierung kommen sollte, ist für den Anfang ein absolutes Muss. Die potenziellen neuen Business Partner aus der Kreuzfahrtindustrie sollen innerhalb der nächsten 6 bis 12 Monate angesprochen werden, um mit Ihnen die nötigen Anforderungen bezüglich Infrastruktur zu diskutieren. Ein wichtiges Argument sollte dabei sein eine längerfristige Kooperation sein mit möglichst viele Calls. Die griechischen Behörden müssen meines Erachtens auch bereit sein, die finanzielle Beteiligung von Kreuzfahrtgesellschaften an den geplanten Infrastrukturprojekten zu diskutieren!

Was ist Ihr persönliches Kreuzfahrt-Highlight?

Eine sehr interessante Frage! Mit gefallen Routings, welche Destinationen anfahren, die vom Tourismus noch nicht entdeckt sind und dabei eine magische Anziehungskraft sowohl bei Kreuzfahrtspezialisten, als auch bei first time cruisers ausüben! Ein gutes Mix von «must see», sprich bekannten Destinationen, zusammen mit neuen, unentdeckten, welche wie vorher schon erwähnt, wie ungeschliffene Juwelen glänzen!

Und weil die letzten zwei Fragen mit dem Östlichen Mittelmeer verbunden waren, ist meine Antwort sehr spontan. Ich kann immer wieder mit großer Freude an ein Projekt zurückblicken, welches ich genau vor 7 Jahren initiierte und seitdem ständig an Popularität gewinnt und bis heutzutage verschiedene Auszeichnungen gewonnen hat: eine 7-taegige Kreuzfahrt in der Ägäis, welche Destinationen-Magnete wie zB Mykonos und Santorini mit unentdeckten Juwelen der Ägäis wie Milos, Syros, Ios, Samos, Kos und mit Highlights der Türkischen Riviera wie Cesme und Bodrum verbinden lässt.

Jede dieser Destinationen ist anders, obwohl nur wenige Stunden voneinander entfernt. Herrliches turquise-blaues Meer, blauer Himmel, kühle Meeresbrise, typische Architektur der Kykladen, ideal verbunden mit Geschichte, Kultur, Enogastronomie! Alles was man braucht, um eine unvergessliches Ferienerlebnis zu genießen!

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben

Du musst angemeldet sein um hier zu kommentieren

#designbyDiv { -ms-transform: rotate(270deg); -webkit-transform: rotate(270deg); transform: rotate(270deg); display: block !important; } .vc_gitem-post-data-source-post_title h4 { font-size: 16px !important; font-weight: bold; } .vc_gitem-post-data-source-post_excerpt { display: none !important; }
site by rettenmund.com