Die Kreuzfahrtbranche boomt – immer grössere Schiffe mit mehreren Tausend Passagieren prägen das Bild auf den Weltmeeren. Die grössten Kreuzfahrtschiffe bieten heute Platz für über 6000 Reisende, zusammen mit der Crew sind das fast 10’000 Menschen an Bord. Diese schwimmenden Städte legen häufig für Tagesausflüge in beliebten Hafenstädten an. Doch die wachsende Zahl der Passagiere stellt viele Städte vor grosse Herausforderungen. Überfüllte Strassen, Umweltbelastungen und infrastrukturelle Engpässe sind nur einige der Probleme. Nun reagiert auch Cannes an der französischen Côte d’Azur mit einer neuen Regelung, die den Kreuzfahrttourismus deutlich einschränkt.
Warum reagiert Cannes auf den Kreuzfahrttourismus?
Cannes ist weltweit bekannt für sein internationales Filmfestival, seine traumhafte Lage an der Mittelmeerküste und als beliebtes Reiseziel. Doch die Stadt verfügt nicht über einen grossen Hafen, der die riesigen Kreuzfahrtschiffe direkt anlegen lässt. Stattdessen müssen die Schiffe etwa 300 Meter vor der Küste ankern. Die Passagiere werden dann mit Tenderbooten an Land gebracht. Diese Situation führt dazu, dass in kurzer Zeit sehr viele Menschen auf engem Raum in der Stadt unterwegs sind.
Die Folgen sind spürbar: Überfüllte Strassen, lange Wartezeiten bei Fähren und Landausflügen sowie eine starke Belastung der lokalen Infrastruktur. Zudem profitieren viele lokale Geschäfte und Restaurants weniger vom Kreuzfahrttourismus, da die Passagiere oft auf dem Schiff All-inclusive verpflegt werden und organisierte Ausflüge buchen. Die Einheimischen sehen sich daher mit den negativen Auswirkungen konfrontiert, ohne dass die wirtschaftlichen Vorteile in gleichem Masse spürbar sind.
Die neuen Regeln in Cannes im Detail
Die Stadtverwaltung von Cannes hat deshalb eine klare Obergrenze für Kreuzfahrtschiffe und Passagiere eingeführt:
-
Nur ein Kreuzfahrtschiff mit mehr als 3000 Passagieren darf pro Tag in der Bucht ankern.
-
Zwei oder mehr grosse Schiffe gleichzeitig sind nicht mehr erlaubt.
-
Die maximale Gesamtzahl der Kreuzfahrtpassagiere, die täglich an Land gehen dürfen, liegt bei 6000.
Diese Massnahmen sollen die Zahl der grossen Kreuzfahrtschiffe vor Cannes um fast 50 Prozent reduzieren. Für das kommende Jahr sind 34 Ankünfte von grossen Schiffen geplant, bis 2027 sollen es nur noch 31 sein. Langfristig, etwa ab 2030, sollen aus Umweltschutzgründen nur noch kleinere Schiffe mit maximal 1300 Passagieren in der Bucht anlegen dürfen.
Bürgermeister David Lisnard betont, dass es nicht darum gehe, Kreuzfahrten grundsätzlich abzulehnen. Vielmehr wolle man kleinere, ästhetischere und umweltfreundlichere Schiffe willkommen heissen, die besser zur Stadt und ihrer Infrastruktur passen.
Vergleich mit anderen Städten an der Côte d’Azur
Cannes ist nicht die einzige Stadt, die auf die Herausforderungen des Kreuzfahrttourismus reagiert. Bereits Anfang 2023 hatte die Nachbarstadt Nizza strengere Regeln eingeführt:
-
Im Hafen von Nizza dürfen nur noch Schiffe mit weniger als 450 Passagieren anlegen.
-
In der Gemeinde Villefranche-sur-Mer wurde die Zahl der Kreuzfahrtschiff-Ankünfte auf 65 pro Jahr begrenzt.
-
Dort dürfen ebenfalls nie mehrere Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig ankern.
Diese Massnahmen zeigen, dass die Region an der Côte d’Azur aktiv daran arbeitet, den Kreuzfahrttourismus nachhaltiger und verträglicher zu gestalten.
Gericht pfeift Nizza zurück
Nachtrag vom 16.7.2025: Der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, erliess vergangene Woche eine Verordnung, die den Kreuzfahrtverkehr in seiner Stadt stark einschränken sollte. Demnach sollten Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 450 Passagieren nicht mehr im Hafen von Nizza anlegen dürfen. Zudem plante er, die Beschränkungen auf die nahegelegene Bucht Villefranche-sur-Mer auszuweiten, wo Schiffe mit mehr als 2’500 Passagieren nur noch begrenzt und maximal eines pro Tag die Bucht durchqueren dürften.
Kurz nach Inkrafttreten wurde diese Verordnung jedoch von einem französischen Verwaltungsgericht für ungültig erklärt. Das Tribunal Administratif de Nice entschied, dass Estrosi nicht befugt war, solche Regelungen zu erlassen. Die Zuständigkeit für die Kontrolle des Schiffsverkehrs in den lokalen Gewässern liegt allein bei der regionalen Regierung der Alpes-Maritimes, genauer beim Präfekten. Dieser hat die alleinige Befugnis, Einfahrten, Ausfahrten und Ankerverbote für Schiffe zu regeln. Somit bleibt die ursprüngliche Verordnung des Bürgermeisters ohne rechtliche Wirkung.
Kritik aus der Kreuzfahrtbranche
Der Branchenverband Cruise Lines International Association (Clia) äussert Kritik an den neuen Vorschriften. Man sieht die Massnahmen als ungerechtfertigte Einschränkungen einer Branche, die Millionen Menschen ermöglicht, die Welt zu entdecken. Zudem trage die Kreuzfahrtbranche zur wirtschaftlichen Vitalität der Hafenstädte bei.
Allerdings zeigen Studien und Erfahrungen, dass Kreuzfahrtpassagiere vor Ort oft weniger Geld ausgeben als andere Touristen. Die All-inclusive-Verpflegung an Bord und organisierte Landausflüge führen dazu, dass die lokale Wirtschaft weniger profitiert. Gleichzeitig müssen die Städte mit den negativen Folgen wie Umweltbelastungen, Verkehrsproblemen und Überfüllung umgehen.
Was bedeutet das für Dich als Kreuzfahrer?
Wenn Du eine Kreuzfahrt entlang der französischen Riviera planst, solltest Du die neuen Vorschriften in Cannes kennen. Die Beschränkungen können Auswirkungen auf die Anlaufhäfen und die Verfügbarkeit von Landausflügen haben. Es ist möglich, dass weniger Schiffe Cannes ansteuern oder dass die Passagierzahlen pro Tag begrenzt sind.
Gleichzeitig sind diese Massnahmen ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiger Kreuzfahrten. Kleinere, modernere Schiffe mit umweltfreundlicher Technologie können dazu beitragen, die Umweltbelastung zu reduzieren und das Erlebnis für alle Beteiligten zu verbessern.
Die neue Obergrenze für Kreuzfahrtschiffe in Cannes ist ein deutliches Signal, dass der Kreuzfahrttourismus an seine Grenzen stösst – zumindest in beliebten und empfindlichen Küstenregionen. Für Dich als Reisender bedeutet das, dass sich die Branche in Zukunft verändern wird. Kleinere und umweltfreundlichere Schiffe werden an Bedeutung gewinnen, und die Städte werden besser vor Überlastung geschützt.
Wenn Du Deine nächste Kreuzfahrt an der Côte d’Azur planst, lohnt es sich, diese Entwicklungen im Blick zu behalten. So kannst Du Deine Reise bewusst gestalten und von den Vorteilen einer nachhaltigen Kreuzfahrt profitieren.