Die Europa 2 ist der Himmel auf See, ihr gelingt die Quadratur des Kreises

Heute im Sonntags-Interview: Thomas Blubacher, Autor von “Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten”

1978 war mit „Gebrauchsanweisung für Amerika“ der Pilotband für die erfolgreiche „Gebrauchsanweisungen“-Reihe erschienen, von der mittlerweile 100 verschiedene Bücher mit einer Auflage von über 2.2 Millionen Exemplaren erschienen sind. Und da durfte natürlich auch eine “Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten” nicht fehlen. Sie haben sich dem Thema angenommen. Wie kam es dazu?

Thomas Blubacher: 2015 ist im Piper-Verlag meine „Gebrauchsanweisung für Bali“ erschienen. Wir kamen ins Gespräch, was Kreuzfahrten anbelangt, die seit einigen Jahren eine große Leidenschaft von mir sind, und ich habe mich sehr gefreut, dass ich den Auftrag bekommen habe und die „Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten“ schreiben durfte – die übrigens im März mit einem ITB BuchAward ausgezeichnet werden wird.

Spannende Schicksale und Persönlichkeiten aus der Theater- und Literaturgeschichte sind eigentlich Ihr großes Thema als Autor. Und jetzt profane Schiffsreisen?

Das eine hat sich sozusagen aus dem anderen ergeben. Ich habe neben reinen Biografien beispielsweise Bücher über das „Paradies in schwerer Zeit“ Pacific Palisades als Zufluchtsort emigrierter Literaten und Musiker oder über Sehnsuchtsorte von Dichtern, Denkern, Künstlern und Aussteigern, wie zum Beispiel Ascona, Capri und Hiddensee, geschrieben. Und auch bei meiner Beschäftigung mit Bali war die Biografie einer Bohème-Figur wichtig: des Deutschen Walter Spies, der in den 1920-er und 1930-er Jahren die balinesische Kultur entscheidend beeinflusst hat und bis heute unser Bild dieser Insel prägt. Die Genres „Biografie“ und „Reise“ müssen sich also nicht ausschließen. Übrigens war ich mit meinen Künstlerbiografien auch schon auf hoher See unterwegs: 2015 wurde ich angeheuert, auf der „Allure of the Seas“, dem damals größten Kreuzfahrtschiff der Welt, auf der Transatlantikreise von Barcelona nach Miami daraus vorzulesen. Aber Sie haben schon recht: Die „Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten“ war eine erfrischende Abwechslung. Endlich einmal musste ich nicht wochenlang alte Briefe in neonbestrahlten Archiven lesen, sondern konnte bei Licht und Luft auf den Weltmeeren recherchieren – herrlich!

Welcher Leser oder welche Leserin sollte sich „Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten“ zu Gemüte führen?

Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten von Thomas Blubacher

Natürlich ist das Buch ideal für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, erstmals auf eine Kreuzfahrt zu gehen, und die unsicher sind, was sie erwartet. Die wissen wollen, wie sie das für sie passende Schiff finden und worauf sie bei den Reisevorbereitungen und später an Bord oder bei Landgängen achten sollten. Ich habe aber auch von „Repeatern“ und sogar von Crewmitgliedern ein tolles Feedback erhalten, die Spaß hatten, meine Erlebnisse auf unterschiedlichsten Schiffen zu lesen und dabei gleichermaßen Neues erfahren haben wie über Bekanntes schmunzeln konnten. Zu meinem Erstaunen haben mir sogar einige Menschen geschrieben, sie würden niemals eine Kreuzfahrt buchen, hätten aber mein Buch mit Vergnügen gelesen.

Welches Schiff würden Sie einem Kreuzfahrt-Neuling empfehlen?

Das hängt ganz von den individuellen Bedürfnissen ab: Ist das eigentliche Ziel das Schiff mit einem möglichst großen Angebot an Kulinarik, Wellness, Entertainment und Sport – dann bietet ein großes Schiff natürlich mehr als eines für 500 Passagiere – oder stehen die angelaufenen Destinationen im Vordergrund? Liebe ich internationales Flair oder bin ich auf die deutsche Sprache angewiesen und buche deshalb zum Beispiel bei AIDA, TUI, Hapag-Lloyd, Phoenix oder Plantours? Reise ich mit Kindern, die Spaß haben wollen auf hoher See, oder suche ich größtmögliche Ruhe? Auch der Reisepreis spielt eine Rolle: Wenn ich unsicher bin, ob ich eine Kreuzfahrt überhaupt genießen kann, sollte sich das Risiko, sprich: der finanzielle Einsatz für einen solchen Urlaub vielleicht besser in Grenzen halten … Die beliebteste Reise für Einsteiger ist dank der relativ kurzen Anreise und dem großen Angebot verschiedener Reedereien die einwöchige Mittelmeerkreuzfahrt zu erschwinglichem Preis.

Nach einer Autoren-Lesung konnte man kürzlich lesen, dass die „Europa 2“ Ihr Favorit unter den Luxus-Schiffen ist. In Ihrem Buch schreiben Sie, dass auch wenn eine Nacht auf der „Europa 2“ fast so viel kosten könne wie ein kompletter Urlaub bei AIDA so sei die „Europa 2“ nicht weniger als der Himmel auf See! So begeistert und verzaubert?

Absolut. Diesem Schiff gelingt die Quadratur des Kreises: Es bietet größtmöglichen Luxus, wozu nicht zuletzt verschwenderisch viel Raum gehört, bei maximalem persönlichem Freiraum – und das in einer unprätentiösen, legeren, ja beinahe familiären Atmosphäre, ohne Krawattenzwang und ohne die traditionellen Bordrituale wie Kapitänsempfang oder Eisbombenparade. Die Küche ist phantastisch, die geräumigen Suiten sind perfekt ausgestattet, die engagierten Mitarbeiter begegnen einem auf Augenhöhe … Sie merken, ich schwärme schon wieder. Ich habe mich jedenfalls am zweiten Tag an Bord so erholt gefühlt, wie sonst erst nach einer Woche, und jede Minute genossen!

Nicht ganz so begeistert waren Sie von Ihren Mitreisenden auf der Costa Diadema: Sie schreiben, dass der Lärmbereich in den öffentlichen Bereichen der Stazione Termini in Rom zu Stosszeiten entsprechen würde. So schlimm?

Was heißt schlimm? Und wer weiß schon, ob meine Mitreisenden von mir begeistert waren? Jede Einschätzung hängt von den persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen ab. Es gibt sicher Reisende, denen es auf der von mir favorisierten „Europa 2“ zu ruhig wäre… Ich habe ja auch geschrieben, dass die Lebensfreude, die viele Costa-Passagiere ausstrahlten, geradezu ansteckend war. Da war pures Urlaubsglück zu spüren, generationenübergreifend, das hat mich schon beeindruckt. Jeder muss eben das Schiff finden, das zu ihm passt.

Welches ist Ihr persönliches Kreuzfahrt-Highlight?

Es gab auf meinen mittlerweile 30 Kreuzfahrten mindestens ebenso viele persönliche Highlights, seien es die Karibikinseln St. Lucia und Tortola oder die norwegischen Fjorde, Exkursionen nach Jerusalem und St. Petersburg, zur Alhambra, in die Felsenstadt Petra und ins Tal der Könige, das Auslaufen aus Venedig, Safaris in Südafrika, Schnorcheln auf Bonaire … Besonders genossen habe ich natürlich Traumrouten wie jene von Singapur über Kuala Lumpur, Penang, Ko Phi Phi, Phuket und Sri Lanka auf die Malediven, die ich an Bord der kleinen „Hamburg“ erlebt habe, die ohnehin zu meinen Lieblingsschiffen gehört. Ein unvergleichliches Erlebnis war eine Adriareise unter weißen Segeln auf der „Sea Cloud“, einer Viermastbark aus dem Jahr 1931 mit ganz speziellem Flair und einer tollen Crew. Sie merken: Eigentlich schwärme ich von jeder meiner Kreuzfahrten. Während ich Ihre Fragen beantworte, schippere ich gerade bei strahlender Sonne und eisigen Temperaturen auf der „AIDA Prima“ über die Nordsee, habe in den letzten Tagen mit inspirierendem Blick auf die Wellen an einer neuen Künstlerbiografie gearbeitet, dazwischen zur Abwechslung Brüssel besucht und die moderne Architektur Rotterdams bestaunt, genieße an Bord das großzügige „Organic Spa“ und die Kochkünste von Franz Schned im Gourmetrestaurant „Rossini“. Und freue mich schon auf die nächste, ganz anders geartete Reise, die mich auf den Amazonas führen wird!

Thomas Blubacher, 1967 in Basel geboren, ist promovierter Theaterwissenschaftler. Als Regisseur arbeitet er für Bühnen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA. Zudem ist er freischaffender Autor.