Du liebst Kreuzfahrten und verfolgst gespannt, was sich in der Welt der Schifffahrt tut? Dann ist dir sicher nicht entgangen, dass die Diskussionen um strengere Klimaschutzregeln für die Branche immer lauter werden. Eigentlich stand eine wegweisende Entscheidung kurz bevor: Die internationale Gemeinschaft wollte sich auf schärfere Klimaschutzregeln für die weltweite Frachtschifffahrt und Kreuzfahrt einigen. Doch dieser Versuch ist vorerst gescheitert – und das hat weitreichende Folgen.
Der geplante Klimaschutz-Hammer: Was das Net-Zero Framework bedeutet hätte
Die Internationale Maritime Organisation (IMO) hatte ein ehrgeiziges Ziel: Mit dem sogenannten Net-Zero Framework sollten strengere Regeln zum Schutz des Klimas durchgesetzt werden. Das Kernstück des Plans war ein System von Strafzahlungen für Reedereien. Ab 2027 hätten Schiffe, die bestimmte CO₂-Grenzwerte überschreiten, mit empfindlichen Kosten rechnen müssen: 100 bis 380 US-Dollar pro Tonne CO₂ waren im Gespräch.
Die Einnahmen aus diesen Strafen sollten nicht einfach versickern. Sie waren für zwei wichtige Zwecke vorgesehen: Zum einen sollten Länder des globalen Südens dabei unterstützt werden, ihre oft veralteten Flotten umzurüsten und so klimafreundlicher zu gestalten. Zum anderen sollten Projekte gefördert werden, die sich der Entwicklung und Einführung klimaneutraler Antriebe widmen. Dieses System hätte die gesamte Schifffahrt, einschliesslich der Kreuzfahrtbranche, erfasst und zu einem Umdenken gezwungen.
Warum die Bremse gezogen wurde: Druck aus den USA und ölexportierenden Ländern
Die eigentlich für Ende dieser Woche geplante Abstimmung der Mitgliedstaaten wurde überraschend um ein ganzes Jahr verschoben. Der Hauptgrund dafür ist der massive Druck der US-Administration. Medienberichten zufolge drohten die USA Ländern, die für das Abkommen und die damit verbundene Emissions-Bepreisung stimmen würden, mit Sanktionen.
Dieser Druck zeigte Wirkung: Die Abstimmung über das bereits im April vereinbarte Regelwerk wurde von der Tagesordnung des IMO-Umweltausschusses genommen. Eine Mehrheit für das Net-Zero Framework schien unter diesen Umständen nicht mehr gesichert. Hinzu kam der Widerstand wichtiger ölexportierender Länder wie Saudi-Arabien, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die ebenfalls kein Interesse an strengeren Klimaschutzauflagen haben.
Ein Rückschlag für das Klima: Die Folgen der Verzögerung
Die internationale Seeschifffahrt ist ein Schwergewicht in Sachen CO₂-Emissionen: Rund drei Prozent der weltweiten Emissionen gehen auf ihr Konto – das ist so viel wie ganz Deutschland. Bereits 2023 hatten sich die Mitgliedstaaten der IMO darauf geeinigt, den Sektor bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Ein Massnahmenpaket zur Reduzierung der Treibhausgasintensität von Schiffen und zur Bepreisung von Treibhausgasemissionen wurde im April 2025 vom Umweltausschuss der IMO entworfen. Die jetzige Verschiebung bedeutet, dass die Einführung dieser dringend benötigten Klimaschutzmassnahmen um mindestens ein Jahr verzögert wird. Das ist ein herber Rückschlag für die Klimaziele und die Bemühungen, die Erderwärmung zu begrenzen.
Stimmen aus der Branche: Enttäuschung und Mahnungen
Die Entscheidung stösst in der Branche auf Enttäuschung und Besorgnis. Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder (VDR), spricht von einem “Rückschlag”. Er zweifelt daran, ob im kommenden Jahr ein Konsens gelingen wird und warnt: “Eine Pause kann helfen, aber sie darf nicht zum Dauerzustand werden. Wenn die Entscheidung immer weiter verschoben wird, droht der Prozess ganz stecken zu bleiben.”
Kröger betont die klare Position der Schifffahrtsbranche: “Wir brauchen ein weltweites, einheitliches Regelwerk für den Klimaschutz in der Schifffahrt.” Er kritisiert die Rolle der EU, die seiner Meinung nach zu leise geblieben ist und die Wechselstimmung einiger Staaten unterschätzt hat. Ein klares Signal der EU, ihre regionalen Vorschriften an ein globales System anzupassen, hätte den Durchbruch ermöglichen können. Stattdessen blieben es bei vagen Ankündigungen, die bestehenden EU-Regelwerke wie den Emissionshandel (ETS) oder FuelEU Maritime auf Übereinstimmungen mit künftigen IMO-Vorgaben zu prüfen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger zeigt sich enttäuscht: „Dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf ein konkretes Maßnahmenpaket zum Schutz des Klimas in der Schifffahrt verständigen konnten, ist bitter. In Zeiten geopolitischer Unsicherheiten hätte der heutige Beschluss ein starkes Signal für den globalen Klimaschutz und den Multilateralismus sein können. Stattdessen stehen wir nach jahrelangen Verhandlungen ohne Ergebnis da.“
Der NABU fordert nun von der IMO, den vor Jahren eingeschlagenen Kurs wieder aufzunehmen.
Was bedeutet das für dich als Kreuzfahrer?
Die Verschiebung der strengeren Klimaschutzregeln hat direkte Auswirkungen auf die Kreuzfahrtbranche. Einerseits bedeutet es, dass die Reedereien mehr Zeit haben, sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten. Andererseits verzögert es die Einführung wichtiger Massnahmen, die dazu beitragen könnten, die Umweltbilanz deiner Lieblingsreiseform zu verbessern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen im kommenden Jahr entwickeln und welche konkreten Schritte unternommen werden, um die Schifffahrt klimafreundlicher zu gestalten. Wir werden dich weiterhin über die Entwicklungen informieren, damit du stets bestens informiert bist.