Trinkgelder sorgen auf Kreuzfahrtschiffen immer wieder für erregte Diskussionen und für rote Köpfe. Vor allem dann, wenn man auf der Schlussabrechnung plötzlich mehr als Hundert Euro Service-Charge stehen hat. Daher ist es vor dem Start einen traumhaften Kreuzfahrt wichtig, sich im Reisebüro oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen genau zu informieren, wie das Trinkgeld geregelt ist. Nur so lässt sich Ärger vermeiden und die Kreuzfahrt bleibt ein tolles Erlebnis das nach Wiederholung ruft.
Von Hans Stieger, Stiegers Kreuzfahrt Tipps
Die Schweizer und Amerikaner gelten in Trinkgeldfragen als eher grosszügig, die Skandinavier (ausgenommen Schweden) kennen es fast nicht und die Deutschen Urlaubsgäste gelten als eher knausrig. Und in den USA gehört das Trinkgeld dazu wie Pommes und Ketchup. Aber nicht nur kultruelle Unterschiede machen einen einfachen Umgang mit den Trinkgeldern eher schwierig. Einige Reedereien sind dazu übergegangen, das Trinkgeld als “Servicegebühr” zu benennen und täglich einen gewissen Betrag auf die Bordrechnung zu buchen. Der ursprüngliche Gedanke, einen guten Service mit einem Trinkgeld zu belohnen, geht damit natürlich verloren und es kann schon der Gedanke aufkommen, dass das Trinkgeld dazu dient, den Kreuzfahrt-Preis künstlich tief zu halten oder der Crew weniger Lohn zu bezahlen und dies über die Service Charge zu kompensieren. Jene Reedereien bei denen das Trinkgeld täglich auf die Rechnung der Passagiere gebucht wird, begründen dies damit, dass mit dieser Lösung auch jene Crew-Mitglieder von Trinkgeldern profitieren würden, die nicht im Focus der Passagiere stünden, also beispielsweise die Küchenmannschaft, die Wäscherei oder die Mitarbeiter im Maschinenraum.
Bei AIDA und TUI Cruises ist Trinkgeld inbegriffen
Wie dem auch sei: Es gehört für viele Kreuzfahrer zum guten Ton dem Zimmermädchen – ach die heisst ja heute Kabinenstewardess – oder dem Kellner ein Trinkgeld zu geben, denn die können ja nichts für die Trinkgeld Politik der Reederei. Es schickt sich auch nicht wirklich, am letzten Abend der Kreuzfahrt nicht ins Hauptrestaurant zu gehen, um sich so das Trinkgeld für den Kellner zu sparen (solche Gäste soll es übrigens tatsächlich geben). Und als Passagier sollte man sich vom Gedanken leiten lassen, dass man eine – hoffentlich – tolle Kreuzfahrt geniessen kann und damit auf der Sonnenseite des Lebens steht, während viele Crewmitglieder mit ihrem Job die Familie zu Hause in Sri Lanka, den Philippen oder Osteuropa ernähren. Auf einen Franken/Euro mehr pro Tag sollte es somit nicht ankommen.
Sich durch den Dschungel der Trinkgeld-Regelungen zu kämpfen ist nicht immer ganz einfach und bei der Recherche für diesen Beitrag ist mir aufgefallen, dass das Auffinden der Trinkgelder auf den Webseiten der Reedereien eine Engelsgeduld und viel, viel Zeit braucht.
Aber glücklicherweise gibt es auch einige Reedereien bei denen das Trinkgeld kein Thema ist, weil es bereits im Reisepreis inbegriffen ist. Dies ist beispielsweise bei den beliebten Reedereien AIDA Cruises und TUI Cruises mit der Mein Schiff Flotte der Fall. Bei AIDA sind Tischgetränke zu den Hauptmahlzeiten und in den Buffet-Restaurants kostenlos, bei TUI Cruises auch die meisten Getränke in fast allen Restaurants, Bars und Bistros. Auch bei den Luxus-Reedereien sind die Trinkgelder bereits inbegriffen, so bei Azamara Club Cruises, Crystal Cruises, Oceania Cruises, Hapag-Lloyd Cruises, Regent Seven Seas Cruises, SeaDream, Seabourn und Silversea Cruises.
Costa Trinkgelder: In Deutschland und Österreich seit 2017, in der Schweiz seit 2019 inbegriffen
Eine spezielle Regelung gilt für die bei Schweizerinnen und Schweizern sehr beliebte Costa Kreuzfahrten. Sowohl Costa Deutschland wie auch Costa Österreich gaben im Frühling 2017 bekannt, dass das Trinkgeld mit Erscheinen des neuen Kataloges im Preis inbegriffen sei und erklärten: “Mit dem neuen Preismodell reagieren wir auf den Wunsch unserer Kunden, das Trinkgeld in den Reisepreis zu inkludieren. In der internationalen Kreuzfahrt ist es üblich, den guten Service der Crew zu honorieren. Wir bei Costa Kreuzfahrten sind davon überzeugt, dass ein hervorragender Service Teil der Dienstleistungsmentalität der Kreuzfahrtindustrie ist und die Leistung jedes Einzelnen den entscheidenden Unterschied ausmacht“, so Ulrike Soukop, General Manager Costa Kreuzfahrten Österreich und Schweiz. In der Schweiz dauerte alles ein bisschen länger. Aber seit 2019 ist es auch bei Costa Schweiz so, dass das Trinkgeld im Reisepreis inbegriffen ist.
Hohe Trinkgeldgebühren bei amerikanischen Reedereien
Kräftig langen amerikanische Reedereien bei den Servicegebühren zu. So gab im letzten Jahr Carnival Cruise Line eine weitere Erhöhung der Trinkgelder bekannt. Die Reederei erhöhte die Trinkgelder an Bord ihrer Schiffe auf 13.99 Dollar pro Person und Tag. Für Suiten beträgt das Trinkgeld bei Carnival Cruises neu 15.99 US-Dollar pro Person und Tag. Holland America Line verlangt eine Service-Charge von 14.50 bzw. 16 Dollar für Suiten-Gäste.
Royal Caribbean verrechnet Gästen ein Trinkgeld von 14.50 US-Dollar. Bei Suiten-Gästen wird gar mit 17.50 US-Dollar zugelangt. Und auch Celebrity Cruises greift grosszügig zu: Dort schlagen die Trinkgelder mit 14,50 US-Dollar (Suiten: 18 Dollar) zu Buche. Seit Herbst 2020 sind bei Celebrity Cruises die Trinkgelder neu im Reisepreis inbegriffen.
Norwegian Cruise Line verlangt wieder Trinkgeld, Cunard und P&Cruises verzichten
Einen anderen Weg ging bis im Frühling 2019 eine andere amerikanische Reederei. An Bord aller Schiffe von Norwegian Cruise Line profitierten die Gäste vom umfassenden Premium All Inclusive-Angebot, das eine große Auswahl an alkoholfreien und alkoholischen Getränken sowie das Crew-Trinkgeld und Trinkgelder für Inklusivleistungen einschloss. Somit blieben die Kosten an Bord überschaubar und die Urlaubskasse schon vor Reiseantritt geschont. Dies ist nun aber Vergangenheit: Seit Frühjahr 2019 gibt es dieses Angebot nicht mehr und auf der Abrechnung sind wieder Trinkgelder von 15 Dollar pro Tag und Person zusätzlich ersichtlich sein. Es ist aber möglich, das Trinkgeld an Bord anzupassen oder zu reduzieren.
Die britische Traditionsreederei P&O Cruises verzichtet auf ihren acht Kreuzfahrtschiffen seit Mai 2019 auf die bisher obligatorisch dem Bordkonto belastete Trinkgeldpauschale. Stattdessen können Passagiere den geleisteten Service künftig mittels individuell gestalteter Zahlungen honorieren.
Und auch Cunard Line mit den drei Königinnen Elizabeth, Victoria und Queen Mary 2 verzichtet: Bei allen Neubuchungen seit dem 24. September 2019, wird das bisherige obligatorische Trinkgeld in Höhe von 11.50 bzw. 13.50 US-Dollar pro Person und Tag nicht mehr automatisch an Bord belastet. Natürlich ist es den Gästen freigestellt, den Crew-Mitgliedern Trinkgeld in eigenem Ermessen zu überreichen. Die Trinkgelder sind jedoch nicht im Reisepreis inkludiert.
MSC verlangt ab 10 Euro als Trinkgeld
MSC Kreuzfahrten lockt mit äusserst attraktiven Kreuzfahrt-Preisen. Wer Glück hat kann leicht mal eine Reise in der Innen-Kabine ab 399 Euro/Franken buchen (selbstverständlich mit Voll-Pension an Bord). Allerdings: Bei diesen Preisen ist das Trinkgeld logischerweise nicht inbegriffen. MSC Gäste müssen mit einer zusätzlichen Servicegebühr von 10 Euro im Mittelmeer bzw. 12.50 US-Dollar bei Übersee-Kreuzfahrten wie Südamerika, Südafrika, Asien oder Kairbik rechnen . Kinder 2-11 Jahre bezahlen die Hälfte, unter 2 Jahren gratis. MSC Kreuzfahrten empfiehlt einzelnen Crew-Mitgliedern kein Trinkgeld zu geben.
Empfehlungen für das Trinkgeld
Schon vor der Buchung sollte man sich erkundigen, ob bei der gewählten Reederei das Trinkgeld im Reisepreis inbegriffen ist. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht welche Servicegebühren obligatorisch auf die Rechnung gebucht werden und unter welchen Bedingungen sie allenfalls reduziert oder storniert werden können. Ist man mit dem Service nicht zufrieden, muss sofort reklamiert werden. Nur dann kann später allenfalls eine Reduktion der Service Charge verlangt werden.
Nichts falsch macht, wer dem Kabinensteward oder der Kabinenstewardess bereits zum Start der Kreuzfahrt ein Trinkgeld gibt. Die Betreuung wird – das weiss ich aus eigener Erfahrung – noch besser werden.
Sofern man kein Getränkepaket gebucht hat, sollte nicht vergessen werden, dass die auf der Getränkekarte angegeben Preise netto sind und oft eine zusätzliche Servicegebühr von bis zu 18 % aufgeschlagen wird. Bei Buchung eines Getränkepaketes vor der Kreuzfahrt entfällt diese Servicegebühr.
Bei allen Diskussionen über Für und Wider Trinkgelder, sollte die Crew nicht vergessen werden. Gute Leistung sollte immer mit einem Trinkgeld belohnt werden, das machen wir in der Schweiz so und sollte auch auf Kreuzfahrtschiffen die Regel sein.
Eine ausführliche Tabelle über sämtliche Trinkgelder bei den verschiedenen Reedereien hat Kollege Franz Neumeier in seinem Blog veröffentlicht. Die Statistik bei Cruisetricks wird auch laufend aktualisiert.
Andere Länder – andere Trinkgelder
Die Situation mit Trinkgeldern präsentiert sich in allen Ländern ein klein wenig anders. So könnte man denken, dass in den Vereinigten Arabischen Emiraten kein Trinkgeld gegeben werden soll, da man einem stolzen Araber damit eher brüskiert. Aber in Arabien arbeiten vorwiegend Ausländer aus Südostasien und diese sind auf das Trinkgeld angewiesen.
In Spanien sind fünf bis zehn Prozent angemessen. In Frankreich ist ein Trinkgeld ebenfalls üblich, dieses lässt man aber auf dem Tisch liegen und drückt es keinesfalls dem Keller in die Hand, weil dies als unhöflich gilt. Den bescheidenen gesetzlichen Mindestlohn von drei Euro in Griechenland und Portugal kann und sollte der Tourist mit fünf bis zehn Prozent Trinkgeld aufstocken.
In Skandinavien und den Beneluxländern wird eher kein Trinkgeld erwartet, aber natürlich sagt niemand nein zu einem Obolus. Ähnlich präsentiert sich die Situation in Asien. In Japan gehört guter Service schlicht mit dazu und ein Trinkgeld würde eher als Beleidigung aufgefasst.
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Hallo Hans,
das Trinkgeld ist immer wieder Thema, dies kommt aus meiner Erfahrung aus kulturellen Unterschieden, bzw. nicht wissen derselben. Ich arbeitete sowohl in Deutschland, wie auch den USA und Kanada. In den USA sind die Preise, z.B. auf den Speisekarten immer “Netto”, d.h., für den Gast es kommen auf den Preis noch Steuern, je nach Staat verschieden und Bedienungs- und Trinkgeld ( zu meiner Zeit 15-20 %)hinzu. Es ist selbstverständlich, dass dies separat gezahlt wird.
In Deutschland besagt die Vorschrift, wie auch in Australien, der Endpreis muß genannt werden, d.h., Steuern und Trinkgeld (ebenfalls mindestens 15% ) sind enthalten. Was Deutsche zusätzlich geben, ist also ein ” zweites” Trinkgeld, was speziell der Person zukommt, die die Dienstleistung erbringt, daher erscheinen sie eventuell etwas knausrig, haben jedoch das üppige Trinkgeld bereits im Gesamtpreis gegeben, die Australier zaheln nur den Endpreis, ein weiteres Trinkgeld kennen sie garnicht.
Amerikaner, die um diesen Sachverhalt im Ausland nicht wissen, zahlen wie zu Hause und erscheinen großzügig. Sobald sie jedoch wissen, der gedruckte Preis ist der Endpreis, geben sie aus m. E. kein weiteres Trinkgeld.
Ansonsten finde ich ebenfalls, die Reedereien sollten die Billigangebote und nachträgliches Hinzufügen von Gebühren… lassen, es müsste heute jeden klar sein, dass für 399€ keine Qualität zu erwarten ist.
Die Trinkgelder sollten im Preis inkludiert werden. Wir bevorzugen eine Rechnung die alles beinhaltet. Es geht manchen Reedereien nur darum einen möglichst günstigen Preis in der Werbung zu publizieren. Zum Glück sehen immer mehr Reedereien davon ab! Auf fast allen Hochpreis Schiffen ist zum Glück alles dabei.