Während Jahren kämpften viele der noch rund 50’000 in Venedig lebenden Einheimischen gegen die grossen Kreuzfahrtschiffe vor ihrem Nationalheiligtum dem Markusplatz und Dogenpalast. Mit grossen Spruchbändern mit der Aufschrift „Grandi Navi – no!“ (keine grossen Schiffe) wurde gegen die Kreuzfahrt lautstark protestiert. Nun haben die Protestierenden (unter ihnen auch die weltberühmte Autorin Donna Leon) gesiegt. Die Regierung verlangt, dass die grossen Cruise Liner in Zukunft im auswärtsliegenden Industriehafen Porto Marghera anlegen müssen. Damit soll das historische und kulturelle UNESCO-Welterbe Venedigs geschützt werden. Für Kreuzfahrt Passagiere entfällt damit die faszinierende und schöne Vorbeifahrt am Markusplatz.
Venedig war bis 1797, bevor Napoleon mit seiner Armee einmarschierte, Hauptstadt der im Jahr 421 gegründeten Republik Venedig und mit damals über 180’000 Einwohnern eine der grössten europäischen Städte. Ganz anders präsentiert sich die Lagunenstadt heute: Im historischen Kern von Venedig und auf den über hundert Inseln, nimmt die Einwohnerzahl stetig ab und beträgt heute nur noch gut 50’000. Diese 50‘000 Venezianerinnen und Venezianer werden jährlich von über 33 Millionen Touristen überrollt, das sind pro Tag 90‘000 Besucher. Das war aber einmal. Seit Ausbruch der Pandemie sind die Besucherzahlen ins Bodenlose gesunken.
Regierung verbietet grosse Kreuzfahrtschiffe vor dem Markusplatz in Venedig
Die vier Minister Cingolani (Umwelt), Franceschini (Kultur), Garavaglia (Tourismus) und Giovannini (Infrastrukturen) haben grünes Licht für den Plan gegeben, der die Entfernung der großen Schiffe aus dem historischen Zentrum von Venedig und ihre vorübergehende Anlandung in Porto Marghera vorsieht. Die Regierung – so liest man in dem am Donnerstag veröffentlichten Communiqué – hat außerdem “einen Ideenwettbewerb lanciert, um das Anlegen grosser Kreuzfahrtschiffe aus der Lagune zu holen und das Problem strukturell und endgültig zu lösen”.
Die Durchfahrt großer Schiffe in Venedig, die lange Zeit wegen ihrer Umweltauswirkungen umstritten war, wurde bereits vor neun Jahren, 2012, durch das Dekret Clini-Passera eingeschränkt, das jedoch unvollständig blieb: Das Dekret verbot die Durchfahrt im Giudecca-Kanal für Passagierschiffe über 40’000 Tonnen, aber nur bei Vorhandensein praktikabler Alternativen, die nicht vorbereitet wurden. Im Jahr 2014 blockierte das Interministerielle Komitee erneut den Zugang für Schiffe über 40’000 Tonnen, aber die TAR hob diese Maßnahme wieder auf.
Kreuzfahrtschiffe werden umgeleitet
Bis zum letzten Jahr haben konnten weiterhin Kreuzfahrtschiffe – wenn auch nicht über 96’000 Tonnen – den Giudecca-Kanal durchfahren. Für weltweite Schlagzeilen sorgte in Venedig der Unfall mit der MSC Opera. In der Zwischenzeit haben die Gemeinde, die Region und die Kreuzfahrtgesellschaften gemeinsam einen Plan ausgearbeitet, der nun auch von der Regierung gebilligt wurde und der vorsieht, den Verkehr über den Canale dei Petroli, weit weg vom Stadtzentrum, zu zwei Terminals in Porto Marghera umzuleiten. Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA soll ein neues Kreuzfahrt-Terminal gebaut werden.