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In Koehlers Guide Kreuzfahrt 2021 steckt Erfahrung aus 137 Schiffsreisen und 1’429 Bord Tagen

Oliver Schmidt, Kreuzfahrt-Experte und Herausgeber von Koehlers Guide Kreuzfahrt

Heute im Sonntags Interview: Oliver Schmidt, Kreuzfahrt-Experte und Herausgeber von Koehlers Guide Kreuzfahrt

Mit acht Jahren warst Du das erste Mal auf einer Kreuzfahrt. Weisst Du wie viele See- und Flussreisen Du in diesen vielen Jahren unternommen hast? Welche Reisen sind Dir in besonderer Erinnerung geblieben?

Oliver Schmidt: Ich habe tatsächlich mitgezählt – mit Ende des Jahres 2020 waren es 137 Kreuzfahrten mit 1429 Tagen an Bord, nicht mitgezählt sind Präsentations- und Einführungsfahrten von nur einer oder zwei Nächten. Die 50tägige Südsee-Australien-Reise, mit der das Jahr 2020 für mich begann, war schon die Reise meines bisherigen Lebens, zumal ich noch keinen einzigen der Häfen kannte. Sonst bleibt natürlich die erste Reise in besonderer Erinnerung, mit der Britanis – damals schon das dienstälteste Kreuzfahrtschiff der Welt, Baujahr 1931, gebaut noch auf Kohlenbefeuerung und später umgestellt! – durch die Karibik, meine erste selbst bezahlte Kreuzfahrt mit der Berlin nach Neuengland und auf den St.-Lorenz-Strom, für die ich während meiner Lehrzeit jeden Feierabend und jedes Wochenende gearbeitet habe. Und die Schiffe, die schön und neu waren und besonders in Erinnerung blieben: Die Norway 1981 in ihrem ersten vollen Dienstjahr, die neue Astor 1983 mit ihrem abenteuerlustigen Kapitän Raimund Krüger. Ein ganz außergewöhnliches Highlight war 1993 die Columbus Caravelle mit einer Reise ins Orinoco-Delta – wir waren die ersten Kreuzfahrttouristen in Curiapo! und in die drei Guayana-Staaten. Bis heute “outstanding”.

Seit gut einem Jahr stehen weltweit praktisch alle Schiffe still. Warst Du in den letzten 12 Monaten auf einer Recherche-Reise? Wenn ja wo?

Ich fühle mich wirklich privilegiert und reich beschenkt, denn nach der besagten Südseereise – heute vor einem Jahr noch in vollem Gange – habe ich “unter Corona” noch drei Kreuzfahrten gemacht: Im August 2020 mit der Sans Souci von Berlin nach Bremerhaven, im Oktober mit der La Belle des Océans rund um Korsika und im November mit der Costa Smeralda an Italiens Westküste.

Basel ist ein tolles Flussreiseziel

Vor kurzem ist die neueste Ausgabe von Koehlers Guide Kreuzfahrt erschienen. Mit 343 Seiten Umfang ist das Werk doch ziemlich dick geworden. Was erwartet die Leserin bzw. den Leser im neuen Handbuch für Kreuzfahrt-Interessierte?

Vielleicht sage ich zunächst zur Beruhigung was ihn nicht primär erwartet: Es ist bitte kein Corona-Buch. Das sollte es auch nicht sein. Das Thema wird nicht ausgeklammert – es gibt auch einen “Corona-Corner” – aber auch nicht hochstilisiert. Bei der Themenauswahl haben wir natürlich darauf geachtet, dass wir Reiseziele wählen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch 2021 zu erreichen sind. Und das geht! Expeditionskreuzfahrt in die Bretagne zum Beispiel, reine Segelerlebnisse mit Star Clippers ohne Landgang, Nahziele in Deutschland oder der Schweiz. Basel ist ein tolles Flussreiseziel! Mit dem Schweizer Dr. Thomas Blubacher haben wir auch den richtigen Autor dafür. Und endlich hatte ich mal Platz für Themen wie Fototipps für Kreuzfahrer, übrigens vom Star-Fotografen und Altmeister der Reisefotografie Helfried Weyer, und ein Technik-Special “Wie funktioniert das?”: Stabilisator, Meerwasserentsalzung, Azipod-Antrieb.

Spannendes Jahr in der Kreuzfahrtwelt

Wir hatten übrigens keine Probleme, die Rubrik der neuen Schiffe zu füllen, im Gegenteil. Zwei neue bei Costa, zwei neue Großsegler – wann hat’s das je gegeben?! – die Rückkehr von Swan Hellenic, die Vasco da Gama bei nicko, die Seaventure ex Bremen … Es wird ein spannendes Jahr in der Kreuzfahrtwelt, trotz aller Einschränkungen. Übrigens höre ich von unseren Autoren, nachdem sie das Buch durchgeblättert haben, es sei ganz gewiss nicht die schwächste Ausgabe von Koehlers Guide Kreuzfahrt. Ich sehe das auch so; die Ausnahmesituation hat neue Akzente gesetzt.

War es immer klar, dass Koehlers Guide Kreuzfahrt auch 2021 erscheinen würde? Du wurdest ja von einem befreundeten Reeder gefragt, ob man mit dem Kreuzfahrt Buch nicht mal für ein Jahr aussetzen wolle?

Ja, das war Heinz-Herbert Hey, aber der hatte übersehen, dass wir dann das 2020er Buch hätten streichen müssen. Das wussten wir aber 2019 noch nicht. Wir haben angetestet, wie das Werbegeschäft lief. Ich will nicht verschweigen, dass wir über die Hälfte eingebüßt haben. Aber es reichte so gerade, und da waren Verlag und Chefredakteur sich sofort einig: Wir wollen verlässlicher Partner von Kreuzfahrtfans und -anbietern gleichermaßen sein, und innert weniger Tage war klar: Den Koehler Verlag gibt’s seit 1789, da kann uns doch die Pandemie nicht erschüttern – natürlich erscheinen wir. Und die Qualität des entstandenen Buches gibt uns Recht.

Tipps für diskrete Schweizerinnen und Schweizer

Neu ist ein Multi Media Buch in  Koehlers Guide Kreuzfahrt integriert. Was ist das?

Oliver Schmidt: Von einigen Reportagen im Buch haben wir per QR-Code einen Link gesetzt zu Bewegtbildbeiträgen, also Filmclips, die man kostenlos anschauen kann. Ich glaube, sowas gibt es in einem Buch sonst nirgends. Den Schweizern erzähle ich sogar, wie es dazu kam, denn die sind ja diskret und sagen’s nicht weiter: Irgendwann fragte mich der Verlag, wie wir digitaler werden könnten und was ich mir als Zusatzangebot im Netz vorstellen kann. Ich habe geantwortet: Es gibt wenigstens 30 Portale (wenn das mal reicht), wo jede neue Nachricht in 20 Minuten online ist. Ich habe nicht den Ehrgeiz, es in einem 31. Portal in 18 Minuten zu schaffen – das mache ich nicht. Und dann kam die Erinnerung daran, dass ich mal früher eine Zeit lang Web-TV zu Kreuzfahrtthemen gemacht habe und auch heute noch eine Sendung drehen, schneiden und vertonen kann. Das schien mir ein gutes Alleinstellungsmerkmal zu sein. Und es gibt einfach Geschichten, die lassen sich besser schreiben, und andere, die sind mit bewegten Bildern anschaulicher zu erzählen. Nun haben wir beides.

Wenn man so viele Kreuzfahrten wie Du auf dem Buckel hat, gibt es da überhaupt noch eine Reise, die Du unbedingt machen möchtest?

Na klar, das wäre ja schrecklich, wenn mich nichts mehr reizen könnte. Neuseeland war toll, das würde ich gern intensiver machen. Westküste Südamerikas fehlt mir, Alaska auch. Transocean hatte vor 25 Jahren mal intensiv “Inseln östlich von Bali”, also Flores etc. Habe ich damals verpasst, ist nie wieder aufgetaucht. Und wen juckt nicht die legendäre Nordwestpassage?

Geheimtipps 2019/2020: La Belle des Océans und Vasco da Gama

In einem früheren Interview mit meinem Blog hast Du die MS Deutschland zusammen mit der Berlin und Astor als Deine Lieblingsschiffe bezeichnet. Die Berlin und Astor gibt es nun nicht mehr. Gibt es neue Lieblingsschiffe die Du den Leserinnen und Lesern des Kreuzfahrt Blogs empfehlen kannst?

Ja, frisch entdeckt und oben schon erwähnt: die La Belle des Océans von CroisiEurope, ein früheres Schiff von Silversea. Tolle große Kabinen, nur 120 Betten, klein und wendig, Achterdeck mit Pool und Bistro-Restaurant, Sonnendeck oben, Restaurant mit einer Sitzung, zwei Bars/Lounges. Und ungeheuer charmant in der Gästebetreuung, der französische Touch in Küche und Savoir-Vivre ist nicht zu übersehen. Das ist der Geheimtipp 2020.

Der Geheimtipp 2019 war – und ist jetzt bei nicko zurückgekehrt – die Vasco da Gama. Was für ein schönes, vielseitiges Schiff! Achterdeck plus Pool unterm aufschiebbaren Glasdach, großer Fitnessbereich, tolle Restaurants, Musik am Abend in vier Locations. Ende 2019 hätte ich die Frage “Mit welchem Schiff willst du eine Weltreise machen?” ganz klar mit “Vasco da Gama” beantwortet. Ich weine um die Astor und freue mich über die Rückkehr der Vasco.

Ein Jahr, nachdem Corona besiegt ist, läuft auch die Kreuzfahrt wieder normal

Wie siehst Du persönlich die Zukunft der Kreuzfahrt?

Es gibt Trends, die schon vor der Pandemie da waren, beispielsweise, dass der Reiz kleinerer Schiffe wieder in den Vordergrund tritt. Deshalb müssen sich die “Großen” aber keine Sorgen machen: Die Bettenzahl aller neu bestellten Boutique-Schiffe macht in Summe vielleicht die Kapazität von einem, höchstens zwei Megalinern aus. Sie nehmen keinem was weg, sie bereichern nur die Angebotspalette ungemein. Dennoch reagiert man hier und da: AIDA hat die Flotte der kleinen Schffe mit der AIDAmira von drei auf vier vergrößert, MSC hat vier 1000-Pax-Dampfer mit hohem Luxus bestellt. Andere lösen durch ihre “schönen Töchter” das Problem, an diesem Kuchen mitknabbern zu wollen: NCL hat Oceania und Regent, um auch Freunde eines intimeren Bordlebens anzulocken, Royal hat Silversea. Woran ich nicht glaube, ist eine anhaltende deutliche Veränderung der Kreuzfahrtwelt durch die Pandemie. Ein Jahr, nachdem Corona besiegt ist, läuft auch die Kreuzfahrt wieder normal – mit einer leicht verjüngten Flotte.

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